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l. Der Neger. 293 Sieht man von den Vereinigten Staaten ab, in denen bekanntlich die Schwarzen nur im Süden an Zahl bedeutend sind, so daß man hier eigent lich den Süden von dem Norden trennen sollte, und wo auch durch die be deutende Einwanderung sich seit 1825 alle Zahlenverhältnisse geändert haben, so zeigt sich, da in den andern Ländern wenigstens kein so bedeuten der Wechsel vorgekommen ist, daß im Falle eines Sclavenaufstandes Cuba am günstigsten gestellt wäre. In dem französischen Theile von St. Do mingo (Haiti) war 1788, also kurz vor dem Sclavenaufstande, das Verhält- niß: 8Procente Weiße, 5 freie Farbige und 87 Sclaven, und dieser abnorme Zustand hat denn auch zu den schauderhaften Ereignissen geführt, deren Schauplatz jene Insel war, und die mit der Bildung freier Negerstaaten endigten. Diesen Katastrophen am nächsten wären die englischen Antillen, wenn nicht die britische Regierung der Revolution durch eine rechtzeitige Emancipation der Neger vorgebeugt hätte, wobei noch berücksichtigt werden muß, daß die Spanier den Sclaven gegenüber viel mildere Herren sind, als Engländer und Nordamerikaner, und daß es in spanischen Kolonien einem Schwarzen eher möglich ist frei zu werden. Dieses ergibt sich schon aus obiger Tabelle, denn während auf Cuba ein freier Farbiger auf 2 Sclaven trifft, war das Verhältuiß in Jamaika l zu 9, in Nordamerika 1 zu 5. Es ist über die Negersclaverei schon viel geschrieben und gestritten worden, denn sie ist eine Angelegenheit, welche die Interessen einer Unzahl von Menschen berührt. Humboldt hatte in Amerika, namentlich in Cuba Gelegenheit sie kennen zu lernen und es dürfte daher sein Ausspruch darüber nicht ohne Interesse sein. Er sagt:' „Ich habe den Zustand der Schwarzen in Ländern gesehen, wo Gesetze, Religion und nationale Gewohnheit sich vereinen, um ihr Loos zu mildern und doch habe ich bei meiner Abreise von Amerika denselben Abscheu vor der Sclaverei gefühlt, den ich schon in Europa gehabt hatte. Vergebens haben geistreiche Schriftsteller, um die Grausamkeit der Institution durch geistreiche Wortklauberei zu verdecken, die Worte Negerbauern der Antillen, Unterthänigkeit der Schwarzen und patriarchalischer Schutz erfunden; es heißt das nur die edlen Eigenschaften des Geistes und des Gedankens entheiligen, wenn man mit Hülfe von nichtigen Vorwürfen oder Spitzfindigkeiten einen Unfug vertheidigt, der die Menschlichkeit beleidigt und empört. Glaubt man sich des Mitleidens entsch lagen zu können, wenn man den Zustand der Schwarzen mit dem der Leibeigenen des Mittelalters, oder mit der Lage vergleicht, unter l) kel. löst,. UI. 446.