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5. Optische Erscheinungen. 191 die Refraction der Tropen wieder höher, und es war daher zu entscheiden, wer von beiden Recht habe. Humboldt hatte auf seiner Reise, weil er zum Zwecke von Be stimmungen geographischer Längen und Breiten darauf hingewiesen war, viele astronomische Beobachtungen angestellt, aus denen sich die Refraction berechnen ließ. Die Rechnungen, die durch Oltm a n n s ausgeführt wurden, gaben ein anderes Resultat als Bongner erhalten hatte, und stimmten mit dem Le Gentil's zusammen. Humboldt widmete dem Gegenstände eine größere Abhandlung, die sich in dem ersten Bande der Obsorvaticms astronomiguos befindet. In dieser Arbeit ist nach einer geschichtlichen Einleitung die Wirkung der einzelnen Umstände untersucht. Da die einzelnen Gase nicht alle gleichmäßiges Licht brechungsvermögen haben, so benutzte er die chemische Untersuchung über die Luftzusammensetzung, von der oben die Rede war, hiezu; dann besprach er die Einwirkung der Feuchtigkeit, den Einfluß der Wärme. Der Bestim mung der Wirkung der Luftwärme muß eine Untersuchung über die Ab nahme der Wärme gegen oben vorausgehen, und Humboldt hat daher diese Verhältnisse sehr ausführlich besprochen. Die Refraction zeigt sehr schön, wie in den Naturwissenschaften oft das eine Fach von einem andern abhängig sein kann, wo man es kaum ahnen sollte. Die Astronomie, die sich eigentlich doch nur mit Körpern beschäftigt, die weit von unserer Erde entfernt kaum je Proben in den Schmelztiegel des Chemikers liefern werden (denn die Meteorsteine, die einzigen Himmelskörper die von außen kommend dem Chemiker verfallen, lassen sich wenigstens zur Zeit kaum als Objecte der Astronomie betrachten), ist darum doch nicht un abhängig von der Chemie, wenigstens hatte letztere hier die Frage zu beant worten, ob aus der Verschiedenheit der chemischen Zusammensetzung eine Verschiedenheit der Strahlenbrechung zu erwarten sei. Die Frage ist mit „Nein" beantwortet worden, denn die chemische Constitution der Atmosphäre ändert sich nicht, wenigstens nicht was den Gehalt an Sauerstoff und Stick stoff anbelangt, der Gehalt an Kohlensäure ist zu unbedeutend und der Wasserdunst hat denselben Einfluß wie die trockene Luft, aber die Feststellung des Umstandes, daß eine Nebenwirkung auf eine Erscheinung von einer Seite her nicht zu befürchten sei, ist gerade so wichtig als eine Untersuchung, welche den allenfallsigen Betrag dieser Nebenwirkung zu beseitigen lehrt. Von den Ursachen, welche die Refraction ändern, bleiben, da die chemische Beschaffenheit der Luft ohne Einfluß ist, noch die Wärme und die Dichtigkeit übrig, und von diesen beiden ist es die erstere, welche, weil sie