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LT ^ 1. Chemische Beschaffenheit der Luft. 131 rere Körper in andern als diesen Verhältnissen Vorkommen, werden dieser Theorie nach als rein mechanische Gemenge betrachtet, in denen kein Theil den andern etwas angeht. Wenn man nun die atmosphärische Luft unter sucht, und es treffen auf 27 Raumtheile Sauerstoff 73 Stickstoff, so ent sprechen einem Theile des ersteren 2^/27 des letzteren, was dem Gesetze wider spricht, und es kann darum die atmosphärische Luft keine chemische Verbin dung, sondern nur ein Gemenge sein, bei dessen Trennung eine chemische Wirkung nicht zu überwinden ist, da sie hier gar nicht besteht. Trenntman eine chemische Verbindung, z. B. diejenige, in der 14 Gewichtstheile Stickstoff mit 40 Sauerstoff verbunden sind, so ergibt sich, daß die ersten 8 Theile Sauerstoff leichter zu entfernen sind als die zweiten 8, diese leichter als die dritten u. s. w. und in ähnlicher Weise wird jetzt die oben erwähnte Erschei nung zwischen Wasser und Weingeist erklärt, in der die letzten Theile des einen Stoffes ebenfalls schwieriger zu entfernen sind. Man hätte nun fort während die Luft als eine derartige Verbindung von Stickstoff und Sauer stoff betrachten können; allein, abgesehen von den Schwierigkeiten, denen man bei einer Bestimmung der etwaigen chemischen Verbindung unter Berück sichtigung der stöchiometrischen Zahlen begegnet wäre, zeigte sich bei den An hängern der Stöchiometrie im Allgemeinen die Neigung, derartige Verbin dungen, wie Wasser und Weingeist, überhaupt als solche zu betrachten, in denen keine chemische Verwandtschaft thätig sei, also als Gemenge. Es wäre zwar noch die Möglichkeit vorhanden, daß eine bestimmte Quantität des in der Atmosphäre befindlichen Sauerstoffs chemisch an Stick stoff gebunden, der Nest mit ihm nur mechanisch gemengt wäre, allein als dann würde die atmosphärische Luft nicht aus Sauerstoff und Stickstoff, sondern aus Sauerstoff, Stickstoff und einer Verbindung der beiden bestehen, und bei einer etwaigen Analyse derselben würde man zuerst den beigcmengten Sauerstoff bekommen, dann müßte der Widerstand, den das zu untersuchende Gas einer weiteren Abgabe von Sauerstoff leistet, plötzlich wachsen, und wäre auch dieser überwunden, so müßte ohne weiteres Znnehmcn des Wider standes der Sauerstoff bis zum letzten Theilchen abgegeben werden. Man würde diesem Falle noch jetzt begegnen, wenn es gelingen würde, den Stick stoff zu zerlegen und nachzuweisen, daß er aus Sauerstoff und einem noch unbekannten Elemente zusammengesetzt sei. In diesem Falle wäre aber die Luft ein Gemenge der Sauerstoffverbindung (Stickstoff) mit überschüssigem Sauerstoffe. Nach einigen Widersprüchen hatte sich die Nichter'sche Lehre ziemlich allgemeine Geltung verschafft und während Humboldt in Amerika ver- 9*