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104 Zweiter Abschnitt. enge Erderhöhung sich ansctzt. Bei starken Regen stehen diese Dämme unter Wasser, und der Gang des Reisenden wird nun doppelt unsicher, da er nicht weiß, ob er auf den Damm oder in den Graben seinen Fuß setzt." „Da nur sehr wenige wohlhabende Personen in diesen Klimaten geübt find, 15—20 Tage hinter einander und auf so beschwerlichen Wegen zu Fuß zu gehen, so läßt man sich von Menschen tragen, welche sich einen Sessel auf den Rücken gebunden haben, indem es beim gegenwärtigen Zustande der Straße über den Quindiu unmöglich wäre, sie auf Mauleseln zurück zu legen. Man spricht daher in diesem Lande vom Reisen auf dem Rücken eines Menschen (»nüsr sn osvAuora), wie man anderwärts von einer Reise zu Pferd redet. Auch verbindet man gar keine erniedrigende Vorstellung mit dem Gewerbe des Cargueros, und die, welche es treiben, sind keine Indianer, sondern Mestizen, und manchmal sogar Weiße. Oft hört man mit Erstaunen nackte Menschen, welche dieses in unfern Augen so entehrende Handwerk treiben, mitten im Walde sich herumstreiten, weil der eine dem andern, welcher eine weißere Haut zu haben behauptet, die hochtö nenden Titel Don und SaMerced verweigert. Die Cargueros tragen gewöhnlich 6—7 Arrobas (75—88 Kilogramm) und manche sind so stark, daß sie sogar 9 Arrobas aufladen. Bedenkt man die ungeheuere Anstrengung, welche diese Unglücklichen, die 8—9 Stunden machen müssen, so sie täglich in diesem Gebirgslande zurücklegen; weiß man, daß ihr Rücken manchmal wund gedrückt wird, und daß die Reisenden oft grausam genug sind, sie, wenn sie krank werden, mitten im Walde liegen zu lassen; weiß man überdieß, daß sie auf einer Reise von Jbagne nach Carthago in einer Zeit von 15 und selbst von 25—30 Tagen, nicht mehr als 12 — 14 Piaster (60—70 Fr.) gewinnen, so begreift man kaum, wie alle starken jungen Leute, die am Fuß dieser Gebirge wohnen, das Gewerbe der Cargueros, eines der mühseligsten von allen, denen sich die Menschen ergeben, freiwillig wählen können. Allein der Hang zu einem freien, herumstreifenden Leben, und die Idee einer ge wissen Unabhängigkeit in den Wäldern, läßt sie diese beschwerliche Beschäf tigung den monotonen und sitzenden Arbeiten der Städte vorziehen." „Jndeß ist der Weg über das Quindiugebirge nicht die einzige Gegend im südlichen Amerika, wo man auf dem Rücken von Menschen reist. Die ganze Provinz von Antioquia z. B. ist mit Gebirgen umgeben, über welche so schwer zu kommen ist, daß diejenigen, die sich der Geschicklichkeit eines Carguero nicht anvertrauen wollen, und nicht stark genug sind, um den Weg von Santa Fe de Antioquia nach der Boca de Rares, oder nach dem Rio Samana zu Fuß zu machen, dieses Land gar nicht verlassen können.