38 zweiter Ausflug führte sie nach den Missionen der Chay- mas-Jndianer. Jeder Schritt auf dem betretenen Boden erregte das Staunen der Freunde. „Wenn ein Reisender," sagt Humboldt, „der kürzlich Europa verlassen hat, zum ersten Male die Wälder des südlichen Amerikas betritt, so zeigt sich ihm die Natur in einer überraschenden Gestaltung. Seine Umgebungen sind nur wenig geeignet, ihn an die durch berühmte Schriftsteller von den Gestaden des Missisippi, von Florida und andern gemäßigten Ge genden der neuen Welt entworfenen Schilderungen zu erinnern. Er fühlt es bei jedem Schritte, daß er sich nicht an der Grenze, sondern im Mittelpunkte des heißen Erdstrichs befindet, nicht auf einem der Antillen-Eilande, sondern auf einem ausgedehnten Festlande, wo Alles riesenhaft erscheint, die Berge, die Flüsse und der Pflanzen wuchs. Wenn er für landschaftliche Schönheiten empfänglich ist, so hat er Mühe, die sich ihm aufdrängenden Gefühle zu verdeutlichen. Er weiß nicht, was ihn mehr anzieht und seine Verwunderung am meisten rege macht, ob die stille Ruhe der Einsamkeit, oder die Schönheit der einzelnen von einander abstechenden Formen, oder jene Kraft und Frische des vegetabilischen Lebens, wodurch sich das Klima der Tropenländer auszeichnet. Man möchte sagen, der mit Pflanzen überladene Boden liefert nicht Raum genug für ihre Entwicklung. Ueberall sind die Baumstämme von einem dichten grünen Teppich umhüllt; wer mit Sorgfalt die Orchispflanzen, die Piper und