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2014 «l !> i'. lichen Lebens bedrohen, — und alle Mittel und Mittelchen zur Abhülfe dieses UebelS, aus so guten und edlen Regungen sie auch hervorgehen mögen, werden und müssen ohnmächtig bleiben, so lange jene Quelle de- UebelS nicht verstopft wird. Weder die corporativen noch die ökonomischen Ardeiteraffociationen, weder Innere Missionen noch Armentaxen vermögen dies. Nicht den EaoiSmuS können wir freilich durch Gesetze aus den Herzen der Menschen reißen, wohl aber können wir Lebensformen und Hand lungen durch'- Gesetz fordern, welche der Gegensatz de- Egoismus: Liebe und Treue, auch ohne Gesetz Hervorbringen würde. Die Arbeit, der ein Mensch die ganze Kraft seine- Lebens widmet, soll ihm auch den Unterhalt für'- ganze Leben gewähren. In den unerschöpflichen und unsterblichen Erdschooß hat Gott die Bedin gungen zur Erfüllung diese- Gesetze- hineingeschaffen. Wer den Schöpfer darin nachahmt, daß er ein neue- künstliche- Arbeitsfeld schafft — und eine Fabrik ist ein solches —, daß er Menschen darein seht, die eS bauen sollen und die dadurch von anderen ErwerbSgebleten ausgeschlossen werden, der übernimmt damit zu gleich die göttliche und verantwortungsvolle Pflicht, ihnen die- Arbeitsfeld auch stetig fruchtbar zu erhalten, so daß sie sich darauf nähren können ihr Lebelang. Da- heißt: Wer Fabrikarbeiter heran zieht, der muß sorgen, daß sie so lange Arbeit finden, als sie arbeiten können, auch ihr Brod davon haben, so lange sie leben. Aber nicht da- allein. Er wird für die Erfüllung dieser Forderung auch den Personen persönlich verpflichtet. Nicht für sich, noch für Andere, sondern für ihn verrichten sie ihre Arbeit, Arbeiter seiner Arbeit sind sie, deren Frucht er einerntet. Und die- Verhältniß wird ein sittliche- nur in der Form eine- auf gegenseitige Treue gegründeten Dienste-. Ihm gehört, ihm trägt da- Arbeitsfeld, dem sie die ganze Arbeitskraft ihre- Lebens zueignen, darum eignen sie dieselbe ihm zu, und nach dem Maß der von ihnen darin erwiesenen Treue ist er sittlich verpflichtet, auch für ihre Bedürfnisse ihr Lebenlang zu sorgen. Der Einzelne aber, auch wenn er diese Pflicht mit aller Liebe und Treue erfüllen wollte, kann für seine Person für deren vollständige Erfüllung nicht einstehen. Ihn kann der Tod überraschen, Unglücksfälle können ihn heimsuchen, die Fabrik geräth in Stillstand, und Hunderte von Arbeitern verlieren Arbeit und Brod, fallen gezwungenem Müßiggänge und allem Elend der Armuth anheim. Allein wenn auch die einzelne Fabrik aufhört, die Fabriken hören nicht auf; wenn auch der einzelne Fabrikherr stirbt, die Fabrikherren sterben nicht auS; der fabrikliche Culturzweig dauert fort und Unternehmer desselben verschwinden nicht. Und immer bleiben Fabrikunternehmer und Fabrikarbeiter auf einander angewiesen, bedürfen einander gegenseitig, und können ohne einander nicht bestehen; immer bleibt die Forderung aufrecht: daß, wer in einem Culturzweige, so lange derselbe dauert, arbeitet, auch durch denselben erhalten werden soll. Wohlan, ist dem so, so corporire man die Fabrikherren und stelle deren Corporation in ein dergestalt geordnetes Verhältniß von Rechten und Pflichten gegen die Fabrik arbeiter, daß dadurch die Verwirklichung der obigen Forderungen verbürgt werde. Man verwandle da- Verhältniß zwischen Fabrik herren und Fabrikarbeitern in ein sittliche-, indem man eS zu einem auf lebenslängliche gegenseitige Treue gegründeten Dienste macht und die daraus hervorgehendett Pflichten de- einzelnen Fabrikherrn unter die solidarische Garantie der Corporation stellt. Man bringe gesetzlich die Fabrikarbeiter in ein ähnliche- feste- Verhältniß zu den Fabrikherren, als worin der lände-fürstliche Diener zu seinem Lände-Herrn, der mecklenburgische GutStagelöhner zu seinem Guts herr« steht. Man verpflichte die Corporation, dafür aufzukommen, daß jeder einzelne Fabrikherr die auS diesem Verhältnisse fließenden Pflichte« und Rechte getreulich wahrnehme, und räume ihr die dazu erforderlichen Befugnisse ein. Man verpflichte sie zugleich, seldst jene Pflichten und Rechte gewissenhaft da wahrzunehmen, wo sie den Einzelnen hierzu nicht mehr anhalten kann, und gebe ihr die dieser Verpflichtung entsprechenden Rechte. Dadurch allein ka«n da- Kabrikproletariat als solche- aufhören, und diese große sociale Krage gelöst «erden. Dadurch allein kann da- Fabrik- und Maschinenwesen, da- der legalifirte Egoi-mu- jetzt zum Fluche der menschlichen Gesellschaft macht, zu einem Gegen derselben «erden. (Fortsetzung folgt.) s < a dttheater. Da- höchststehende Aerk Rossini-, die Oper „Tell" — in de« der geniale italmische Comp-nist am schlagendsten bewiesen hat, daß er im ernßpt Dramatischen Styl nicht weniger Meister L, ist, al- in dem anmuthigen Genre der Opara bull», daß er eben so gut Geist und Herz befriedigen, als durch die ihm auS unver siegbarer Quelle sprudelnden glanzvollen Melodien den Sinnen schmeicheln kann — ging am 11. Mai abermals in Scene. Die Titelrolle war in den Händen unsere- gefeierten Gaste-, de- Herrn Beck. Eine in musikalischer Beziehung vollendete Leistung ließ sich von diesem Sänger nur mit Bestimmtheit erwarten; eS genügt daher zu sagen, daß er diese Erwartungen übertraf. Aber auch da- Geistige in dem Gesänge, was Auffassung des Charakters und Darstellung anlangt, kann und muß Referent nur mit hoher An erkennung von dem Gaste sprechen. Der Componist stellt in dem Tell schon bedeutend höhere Anforderungen an den Sänger, al- in seinen anderen dramatischen Werken. Die Oper „Tell" eröffnet die glänzende Reihe der großen Opern der Neuzeit, in welchen das Streben und Ringen nach erhöhtem dramatischen Ausdruck sich geltend macht und in denen nicht da- specifisch musikalische Element auf Kosten der Natur und Wahrheit so sehr überwiegt, wie in der älteren und namentlich in der italienischen Oper, welche letztere für ein Publicum berechnet ist, da- im Theater eben nur Musik und nicht- al- Musik, d. h. einige hübsche Melodien, hören will— nach Handlung, Stoff, Ensemble rc. aber gar nicht fragt. Die Partie de- Tell ist deshalb auch innig mit dem Ganzen verwachsen, sie tritt nirgend- egoistisch hervor, enthält keine Arien und sonstige auf da- Geltendmachen der Gesangsvirtuosität berechnete Stellen und also auch keine gedankenlos lärmenden Tutti und Chorsahe, die — wie sehr oft in den italienischen Opern — blo- deshalb vorhanden sind, um dem Publicum Zeit und Raum zum Applau- diren zu geben. Für einen wirklich intelligenten und seinen schönen Beruf von höherem Standpunkte auS betrachtenden dramatischen Sänger sind aber Partien wie Tell die schönsten und dankbaisten Aufgaben. Daß Herr Beck ein solcher seltener Künstler ist, be- thätigte er mit seiner Wiedergabe de- Tell. Es stand hier Alle in» Einklang: die prachtvollen Mittel, der makellose Kunstgesang, die begeisterte Auffassung, die durchaus edle Darstellung. Ist es erlaubt, einen Vergleich anzustellen zwischen dem Tell de- Herrn Mitterwurzer und dem de- Herrn Beck, so möchte ich sagen: Ersterer giebt den Helden als urkräftigen, einfachen und biederen Schweizer Landmann, Letzterer dagegen in jenem idealen Gewandt, mit dem umgeben unS der kühne Alpenjäger, der viel besungene heldenmüthige Befreier der Schweiz in Liedern und Sagen ent- aegentritt. — Leider stand Herr Beck mit seiner vortrefflichen Leistung in der diesmaligen Vorstellung ziemlich allein. Rechnet man den hübschen Vortrag de- Fischerliedes durch Herrn Schnei der, die im Gesang wie im Spiel brave Wiedergabe de- Gesler durch Herm Behr und Frau BachmannS, waS da- Spiel betrifft, treffliche Leistung als Gemmy ab, so bleibt wirklich nicht übrig — weder in den Einzelleistungen noch im Ensemble — waS befriedigend genannt werden könnte. Den Arnold Melchthal sang Herr Bölk<n vom Stadttheater in Magdeburg, ein junaer Sänger, der bei seinem ersten hi.sigen Austreten zu schönen Er wartungen berechtigte. Dieser Gast hat sehr beachtenSwerthe Stimmmittel, die ihn jedoch mehr auf da- Fach der lyrischen Tenore Hinweisen. Will er aber große und Heldenpartien fingen, so muß er erst noch tüchtwe und sehr ernste Studien machen, vor allen Dingen aber die Mittel richtig verwenden und eintheilm lernen, die Stimme nicht forciren. Wenn Herr Bölken auf die Weise fortsingt, wie an diesem Abend al- Arnold, werden seine schönen Mittel bald zerstört sein. Von der Unsicherheit in der Partie und den vielen Lücken und Verstößen, die daraus entstanden, sei hier nicht weiter die Rede — schlimm genug, daß eS so war und daß durch Herrn Bölken, eben so wie durch Herrn Burger (Walther Fürst) mehrere der glänzendsten Ensemblestücke und namentlich da- Terzett im zweiten Acte — in dem eigentlich nnr Herr Beck wirtlich sang — in ihrer Wirkung abgeschwächt wurden. Frau Bock sang diesmal die Mathilde. In der Gestalt, wie die Oper in Deutschland gegeben wird, ist diese Partie nur eine kleinere; bei dieser Vorstellung war sie noch weniger bedeutend, da auch da- Frauenterzett im vierte« Acte wegblieb. Ja den beiden einzige» größere« Nummern, die der Mathilde bliebe» — di« .Romanze und da- Duett mit Amold im zweiten Act — ge nügte Frau Bock, wenn man von einem öfteren Juhochfingen absehen will. — Die Chöre und überhaupt da- Ensemble ließ«, wie schon oben angedeutet, nicht wenig ^u wünschen übrig. Das selbe gilt von den Leistungen unsere- Ballet-Personale- in dieser Oper. Man kann und darf hier kein glänzende- Battet verlang«, da- Arrangement kann aber stet- ein geschmackvolle- sein. Daß durch entsprechende Verwendung selbst so kleiner Kräfte, wie e- in Lj«