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Emin wird Mudir der Äquatorialprovinz. Schwierige Verhältnisse. 83 füllen würden, wenn dem nicht zwei Kräfte entgegenwirkten: Wasser und Wind. Das Steigen des Nils über seine gewöhnliche Höhe hat nämlich zur Folge, daß die Hinterwasser mit dem Strome in Verbindung gesetzt und die Grasinseln vom Boden losgerissen und gehoben werden. Günstige Winde treiben die nunmehr frei um herschwimmenden Inseln aus dem ruhigen Wasser in den Strom. Hier gelangen die kleinen Jnselchen, ohne Hindernisse zu verur sachen, stromabwärts, oder sie vereinigen sich mit andern, wachsen zu mächtigen Inseln an, setzen sich schließlich in der langsamen Strömung an einer Verengung oder häufiger an der Biegung fest und füllen schließlich die ganze Breite des Stromes aus: ein Sedd hat sich gebildet. Eine so entstandene Verstopfung kann entweder durch den Wasserdruck und den Wind wieder beseitigt werden, oder cs tritt der entgegengesetzte Fall ein, daß die Grasbarrc immer stärker und größer und durch den ausgedehnten Druck immer fester und dicker wird, so daß sie mitunter 1—2 in ins Wasser ein taucht, welches unter ihr weiter strömt. Bei längerem Be stehen des Sedd bewirkt das fortwährende Neuwachstum, daß die anfänglich locker zusammengefügte Barre sich zu einer zähen, festen Masse verfilzt und für die Schiffahrt ein unüberwindliches Hindernis bildet. Wehe dem Schiffe, das in solche Graswildnisse gerät! Not und Elend oder schrecklicher Untergang sind das Los der Reisenden. „In einer solchen Sackgasse", schreibt Fclkin, „blieb auf der Reise nach Uganda mein Boot 41 Tage lang cingeschlossen, und wir verlebten eine trostlose Zeit, die jeder Beschreibung spottet; von den 24 Stunden des Tages brachten wir 16 unter den Mos kitonetzen zu und litten furchtbar an Mangel und Krankheit. Und als wir endlich aus unserm Gefängnis befreit wurden, wußten wir, daß an einem solchen Orte Nichtsein besser ist als Sein. Die traurige Stille und die schwüle, feuchte Luft mit den zahl losen summenden Insekten ist beinahe unerträglich." Ungleich schrecklicher war das, was Emms Amtsgenosse, der tapfere Gessi Pascha (Romolo Gessi) im Jahre 1880 auf seiner Fahrt von Meschra-er-Rek nach Chartum erlebte. *) Er war bald mit seinem *) Einen Auszug aus dem erschütternden Reisebericht Gessis teilt Casati mit. Vgl. dessen „Zehn Jahre in Äquator!« und dieRück- kehr mit Emin Pascha." Bd. I S. 125-135.