74 Emin wird Mudir der Äquatorialprovinz. Schwierige Verhältnisse. zum Sklaven geborenen Neger sah er mit unsäglicher Ver achtung herab. Den Verkehr der Beamten mit den Eingeborenen ver mittelten die Dragomeine. Sie waren durchweg Neger. Der arabischen Sprache mächtig, die sie als ehemalige Sklaven der Sklavenhändler gelernt hatten, verrichteten sie eine Art Polizei dienst bei den Eingeborenen, ohne gerade als Beamte betrachtet zu werden. Jedes Dorf hatte einen oder zwei Dragomane zu er nähren, wogegen diese für Ordnung und Ruhe im Dorfe ver antwortlich waren. Da sie bei den Eingeborenen infolge ihrer Thätigkeit sehr verhaßt waren, siedelten sie sich zu ihrer persön lichen Sicherheit in der Nähe der Stationen an, wo sie nicht selten ganze Dörfer bildeten. Waren für einen durchreisenden Fremden, einen Händler oder Beamten Träger nötig, so zählte der Wekil dem Dragoman nach altafrikanischer Sitte so viele Strohhalme vor, als er Träger bedurfte, und setzte den Zeitpunkt fest, wann jene erscheinen mußten. Der Dragoman bestimmte dann mit dem Bezirkshäuptlinge die Zahl der auf jede Ortschaft entfallenden Leute und zwang unter Anwendung militärischer Ge walt und unter Peitschenhieben die Säumigen zum Gehorsam. Auf dem Marsche selbst hatte der Dragoman dann für Ordnung zu sorgen und mußte für die Sicherheit des Gepäckes einstehen. Der leidige Umstand, daß die oft in Geldverlegenheit befind liche Regierung die meist sehr niedrigen Gehälter äußerst unregel mäßig, oft sogar erst nach Verlauf von Jahren auszahlte, hatte zur Folge, daß die Beamten vom Pascha bis zum Schreiber und ebenso der höhere Offizier wie der gewöhnliche Soldat sich auf andere Weise schadlos zu halten suchten. Da war denn der Un redlichkeit Thür und Thor geöffnet, und der niedere Beamte und Soldat konnte um so ungestörter betrügen, je weniger seine Vor gesetzten selbst sich der Redlichkeit befleißigten. Selbstverständlich ging alles auf Kosten der armen Eingeborenen, die auf den so genannten Razzias oder Ghazwes in der schamlosesten Weise aus- geplündcrt und selbst als Sklaven fortgeschleppt oder verkauft wurden. Auch wenn die für eine Station gelieferten Vorräte nicht ausreichtcn, unternahm man Razzias unter den unabhängigen Stämmen, wobei jeder Teilnehmer nach Herzenslust raubte und mordete. Junker, der auf seinen Reisen wiederholt Augenzeuge solcher Raubzügc war, entwirft uns ein ergreifendes Bild von