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56 König Mtesa. „Ach, Mtesa", sagte Stanley, „haben Sie die Worte des guten Buches, aus dem ich Ihnen so oft vorgclcscn habe, ver gessen? .Wenn dein Bruder dich beleidigt, so sollst du ihm oft mals vergeben? — .Liebet eure Feinde? — .Thuet Gutes denen, die euch hassen? — ,Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst? — .Vergieb uns unsere Schuld, wie wir vergeben unfern Schuldigem?" „Aber dieser Mann ist in Uwuma geboren, und die Wawuma führen Krieg mit uns. Hast du Webba vergessen?" „Nein, ich gedenke gar wohl des kleinen Webba. Ich sah ihn sterben und war tief betrübt." „Soll denn dieser Mann nicht sterben, Stamlih? Soll ich nicht Blut für Webba haben, Stamlih?" „Nein." „Aber ich werde es haben, Stamlih. Ich will jeden Feind verbrennen, den ich fange. Ich will Blut haben, Blut, das Blut aller Feinde in Uwuma!" „Nein, Mtesa, kein Blut mehr! Es ist Zeit, den Krieg zu beendigen." „Was sagst du?" rief Mtesa in einem Wutausbruch. „Ich will jede lebende Seele in Uwuma töten, jeden Pisangbaum will ich niederhauen und jeden Mann, jedes Weib und Kind auf seiner Insel verbrennen. Beim Grabe meines Vaters, das will ich!" Stanley siegte trotzdem in diesem Streit, aber nicht durch die Lehre des Evangeliums, sondern durch List, indem er sich nicht nur auf eine uralte Sage Ugandas berief, „wonach ein König das Land verließ, da es nach Blut roch", sondern indem er auch drohte, daß er, der gern gesehene weiße Gast, das Land verlassen werde. Durch eine neue List wußte Stanley auch den Krieg zum Abschluß zu bringen. Nach seiner Anweisung wurde in einer versteckten Bucht ein gewaltiges Floß erbaut. Auf demselben erhob sich eine Palissaden-Verschanzung, in der sich 214 Mann verbar gen. So schwamm das Ungetüm gegen die Insel, und die Wilden wurden aufgefordert, sich Mtesa zu unterwerfen. Da auch der Sprecher unsichtbar war, gerieten die Wawuma in maßlosen Schrecken, und bald erfolgte die demütige Antwort: „Es ist genug; laßt Mtesa zufriedengestcllt werden. Wir wollen noch heute den Tribut cinsammeln und wollen zu Mtesa kommen. Kehre zurück, o Geist, der Krieg ist beendet!"