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10 I)r. Eduard Schnitzer. Über Emins Äußeres giebt uns der berühmte vr. Wilhelm Junker, welcher öfters mit ihm verkehrte, die beste Auskunft.*) „Emin ist ein schlanker, fast magerer Manu, von etwas mehr wie Mittelgröße, mit schmalem, von einem dunkclcn Vollbart umrahmten Gesicht und tiefliegenden Augen, welche durch die starken Krystall- gläscr der Brille beobachtend hcrvorschauen. Seine starke Kurz sichtigkeit zwingt ihn zur Anstrengung und Konzentrierung seines Sehvermögens auf die vor ihm befindliche Person, was seinem Blick einen harten, mitunter scheinbar lauernden Ausdruck verleiht. Der auch malerisch interessante Kopf, in welchem sich unverkennbar eine bedeutende Intelligenz ausspricht, läßt in nichts den Deutschen vermuten; das unleugbar orientalische Gepräge desselben erleichtert Ilr. Emin wesentlich die Rolle eines Türken, welche er gegenüber der Beamtenwclt und dem Volke angenommen hat und die er vorzugsweise in den ersten Jahren seines Aufenthalts im Sudan und den Negcrländcrn unentwegt durchführte. An jedem Freitag sah man ihn nach der Moschee gehen, wo er die vorgcschriebencn Gebete sprach. In seiner Haltung wie in seinen Bewegungen drückt sich eine beabsichtigte, stets kontrollierte Gemessenheit aus, welche berechnet ist, würdevoll und selbstbewußt zu erscheinen. Ins besondere konnte man dies beobachten, so oft vr. Emin in seiner Eigenschaft als ägyptischer Beamter mit Untergebenen verkehrte. Sein äußerer Mensch verriet eine fast peinliche Sauberkeit, bei großer Sorgfalt des Anzuges." Aus diesen Worten sollte man schließen, daß Emin wirklich zum Islam übergctrctcn sei. Dieser schreibt aber im Jahre 1871 ausdrücklich an seine Schwester: „Nur keine Furcht, es ist nur der Name, und ich bin nicht Türke geworden." Daß er der Be völkerung des Sudan gegenüber den Anschein aufrecht erhielt, mag aus gewissen Nützlichkcitsgründen geschehen sein. Vielleicht, meint Paul Reichard, wurde er durch die Leute selbst daraus gebracht, sich für einen Türken auszugeben, indem die Araber und Neger ihn wegen seines äußeren Aussehens für einen solchen hielten. Sicher aber befand er sich den Negern gegenüber, denen er doch seine besondere Fürsorge zuwcnden wollte, als Türke und Musel mann im Vorteile. Denn es ist Thatsache, daß das würdevolle und gemessene Wesen des Türken und besonders des Arabers einen ungleich größeren Eindruck auf den Neger macht, als der Weiße, ') vr. W. Junkers Reisen in Afrika. Bd. I, S. 558 u. 559.