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vr. Eduard Schnitzer. 9 Breslau und Berlin mit großem Eifer dem Studium der Natur wissenschaften und besonders der Medizin. Im Jahre 1864 unterzog er sich der Staatsprüfung und erlangte die Doktorwürde. Die Sehnsucht, fremde Länder kennen zu lernen, bestimmte den jungen Arzt, in die ferne Welt hinauszuziehen und ein ge eignetes Feld für seine Berufsthätigkcit zu suchen. Ohne Empfehlung, nur auf sein Glück vertrauend, reiste er über Triest nach Antivari, wo er zuerst als Privatarzt, dann als Hafcnarzt thätig war. Hier lernte er einen türkischen Pascha kennen, der an dem jungen Arzte ein solches Gefallen fand, daß er ihn auf seinen Inspektions reisen durch Armenien, Arabien und Syrien mitnahm. Bis zum Tode des Pascha im Jahre 1873 blieb vr. Schnitzer bei ihm, hielt sich dann zu Konstantinopel auf und kehrte erst im Jahre 1875 in die deutsche Heimat zurück mit der Absicht, sich seinen naturwissenschaftlichen Arbeiten zu widmen. Aber schon bald regte sich in ihm die alte Reiselust. Das langweilige Alltagsleben, wie cs sich in der Heimat abspielte, befriedigte ihn nicht, der Zwang der Gesellschaft, überhaupt die europäischen Verhältnisse wollten ihm nicht mehr recht behagen. Er begab sich daher nach Ägypten. Da Jsmacl Pascha eine Menge Europäer in seine Dienste nahm, durfte er hoffen, dort ebenfalls eine Anstellung zu finden. Er stellte sich dem General-Gouverneur des Sudan zur Verfügung und wurde im Anfang des Jahres 1876 unter dem. Titel vr. Emin Effcndi als Militärarzt in ägyptische Dienste aus genommen. Als solcher kam er sofort mit Gordon Pascha in Berührung, der sehr bald erkannte, welch bedeutenden Menschen er vor sich hatte. Im Vergleich zu anderen Europäern, die in ägyptischen Diensten standen, befand sich Emin vielfach im Vorteil. Zunächst besaß er wie Gustav Nachtigal die Fähigkeit, fremde Sprachen leicht zu erlernen und zu beherrschen. Er sprach geläufig englisch und französisch, beherrschte mehrere slavischc Mundarten und war, woraus cs besonders ankam, des Türkischen und Arabischen so mächtig, wie selten ein Europäer. Sodann hatte er während des langen Aufenthalts im Orient sich die Sitten und Gebräuche der Orientalen vollständig angeeignet, und der türkische Name Emin d. i. der Getreue, den er schon längst angenommen hatte, ließ bei den Muselmännern noch weniger den Gedanken aufkommen, daß man einen „Franken" d. i. einen Europäer vor sich habe.