75 Aus dem Morgenlande, Weniger vollständiger Annalen und Chroniken, die init jeder Einzelregierung abgeschlossen sind. Erst mit der Schöpfung der Ären oder der auf gelehrter Forschung begründeten Systeme der Zeitmessung von einem chronologisch fest be stimmten Zeitpunkte an tritt die eigentliche Geschichtsschrei bung in die Welt und die pragmatische Behandlung gewinnt die Oberhand. Die Geschichte der einzelnen Völker verkettet sich zu einem großen Gesamtbilde, in welchem sich das staat liche und das Kulturleben der Menschheit in seinen Wechsel wirkungen und in seiner Entwickelung abspiegelt, während die Ära als genauer und unverrückbarer Zeiger an der Welt uhr die ihr zugewiesene Rolle erfüllt. Die sieben Hungerjahre. Die Geschichte Josephs in Ägypten ist und wird für alle Zeiten das unerreichte Muster der morgenländischen Erzäh lungskunst bleiben, wie immer man auch über die eigentliche Zeit ihrer Abfassung denken mag. Selbst ein Voltaire fühlte sich zu dem Bekenntnis gedrungen, daß sie bewunde rungswürdig und ihr kein ähnliches Beispiel an die Seite zu stellen sei. Fesselnd und anmutig entwickelt die Geschichte Josephs die außerordentlichen Schicksale eines ebräischen Hir tenknaben, der sich bis zum Großwefir am Hose Pharaos emporgeschwungen hatte und zum Ahnherrn eines ganzen Volkes wurde, aus dessen Mitte der Messias dereinst hervor gehen sollte. Der Reiz des Altertümlichen und des Morgenländischen, welcher die ganze Erzählung von Anfang bis zum Ende durchweht, wirkt in gleichem Maße anziehend auf den Leser ohne Unterschied des Glaubens, der Abstammung, der Hei mat und der Zeit. Selbst der Stifter des Islam, der Prophet