58 Aus dem Morgenlande. tritt. Das Gute findet seinen Lohn, das Böse seine Strafe. Das ist der allgemeinste Grundgedanke. Die litterarische Ausbildung der Söhne aus den besseren Ständen in der priesterlichen Schule nahm mit der Schrift ihren Anfang. Die Arbeit war nicht leicht, denn mehr als 1500 Zeichen mußten in ihrem Bilde nach ihrer kursiven Form erlernt werden, damit ihre Buchstaben- und Silben- wcrte und ihre Rolle als stumme Deutzeichen im Gedächt nisse haften blieben. Im Grunde genommen mußte eigent lich die übliche Schreibweise eines jeden einzelnen Wortes bis zu den grammatischen Formen hin dem Schüler geläufig sein. Die Schriftstücke hervorragender Litteraten dienten beim praktischen Unterricht als Muster für die Schrift und den Stil und diktierte Texte stellten die erworbenen Kenntnisse aus die Probe. Der Lehrer verbesserte aus dem oberen Rande die vorhandenen Fehler, die meistens schlechte Schrift und falsche Zeichen betrafen. Selbst das Verhören eines Wortes unaufmerksamer Schüler läßt sich noch heutigestags Nach weisen, da die Museen Europas eine nicht geringe Zahl der artiger Schülerarbeiten auf Papyrus aus derZeit des vierzehn ten und der unmittelbar nachfolgenden Jahrhunderte v. Ehr. enthalten. Der angehende Litterat, welcher sich durch Fleiß und Aufmerksamkeit auszeichnete, ward gelobt, der faule ge tadelt, oder mit dem Stock gezüchtigt, denn, wie es in einem der Schriftstücke wörtlich gesagt wird: „die Ohren des Kna ben sitzen auf seinem Rücken". Die Schule selbst hieß des halb „das Haus der Züchtigung" und „züchtigen" fiel mit der Vorstellung des Lehrens zusammen. Nach wiederholten Stellen in einem uralten Schriftstücke, das allgemeine Lebens regeln enthält und dem Ende des vierten Jahrtausends an- gchört, sah man in dem „Hören" oder dem Gehorsam die höchste Tugend des Knaben. Mehr als ein Jahrtausend später empfahl ein Vater in einem Schriftstücke seinem Sohne die litterarische Ausbildung, indem er in drastischen Beispie len und Schilderungen auf die Beschwerden und Plackereien