114 Aus dem Morgenlande. der ägyptische Hermes, die Personifikation der Weisheit und des Verstandes, welche der Lichtgott durch seinen himmlischen Vertreter dem Menschen überlieferte, um in Schrift und Wort und in allen seinen Handlungen den Gesetzen des ewig Wahren, Schönen und Guten allzeit gerecht zu werden. Der verborgene Sinn, welcher der Gesamtdarstellung zu Grunde lag, ist, auch ohne die erklärenden Beischristen zu den Dar- ! stellungen zu kennen, ein sehr einfacher und natürlicher: der König, selber vom Lichtgotte abstammend, denn er bezeichnet > sich regelmäßig als dessen Sohn, handelt bei der Grundstein- ! legung mit Weisheit und Verstand, indem er den Überliese- j rungen des von Gott herabgesendeten heiligen Buches vor schriftsmäßig Folge leistet. In sämtlichen Darstellungen, welche uns die beschriebene Scene vor Angen führen und an denen der Laie meist ver ständnislos vorübergeht, hat der Bildhauer und Maler das Mittelstück der beiden Holzpflöcke durch eine weißfarbige Schnur ! umspannt, die sich in Gestalt eines Ovales um beide Hölzer ^ windet. Es ist die Meßschnur oder der Meßstrick, welcher, ! uni die Pflöcke gelegt, zur mathematisch genauen Absteckung ! des Bauterrains diente. Bereits den Griechen war die Geschicklichkeit der ägyp tischen Geometer in der Vermessung von Grund und Boden sehr wohl bekannt und ein Demokritos fand eine besondere Befriedigung darin sich rühmen zu können, in seiner eigenen Geschicklichkeit in dieser Kunst von keinem, selbst nicht von den ägyptischen Harpedonapten oder „Seilausspannern" über troffen zu sein. Das griechische Wort, welches ich eben an geführt habe, ist eine genaue Übersetzung des ägyptischen Aus druckes für die Vermessung, der ganz dasselbe besagt und das, was wir unter der Grundsteinlegung verstehen, wörtlicher als „Vermessung" des Baugrundes mit Hilfe des Meßstrickes ^ erscheinen läßt. Die von dem König in eigener Person nach uraltem Brauch ansgekührte Handlung konnte zunächst nicht an jedem belie- >