310 Die Deutschen in Buenos Ayres. 19. Buch. nialsystems. Sie übt einen verhältnifimäßig geringen Einfluß. Desto größer war lange Zeit die Macht der Soldaten, und sie ist zum größten Theil Schuld an den unheilvollen Wirren, von welchen die argentinischen Provinzen so lange heimgesucht worden sind. Die Säbelherrschast hat allgemeine Verwilderung über das Land gebracht und dasselbe an der Entwickelung seiner reichen Hilfsquellen gehindert; erst in den letzten Jahren ist Ruhe eingetreten, und die Künste des Friedens find nun seit einiger Zeit unbeeinträchtigt geblieben. Buenos Ayres ist für die fremden Kanfleute, Handwerker und über haupt für alle thätigen Arbeiter eine Art von Paradies; sic alle finden stets vollauf Beschäftigung und werden wohlhabend, weil sie erwerben, während der Einheimische schläft, oder sich in einer der sechshundert Schenken aufhält und die Zeit vergeudet. Lebensmittel sind billig, na mentlich Fleisch, Fisch und Wildpret, und der Arbeitslohn ist hoch. Die Eingeborenen sind von den Eingcwandcrten überflügelt worden; jene machen wo möglich ihre Geschäfte zu Pferde ab. Der Fischer fischt mit Netzen, der Advocat reitet zu Gericht, der Arzt reitet zu den Kranken, Alles reitet, sogar der Bettler. Der schon erwähnte prenßiscbc Marine- officier bemerkt: „Ich ritt mit einem Einwohner von Buenos Ayres spazieren; ein Bettler zu Roß sprach uns um eine Gabe an. Mein Be gleiter suchte etwas lange nach kleinem Gelde. Da sagte der Bettler: „ „Wenn Sie mir überhaupt etwas geben wollen, dann brauchen Sie nicht so lange zu suchen."" Mein Begleiter ritt nicht etwa fort, als er diese un verschämte Bemerkung hörte, sondern gab zu »reinem nicht geringen Er staunen die höflicke Erwiderung: „ „Verzeihung, Freund, ich habe kein kleines Geld bei mir."" Mein Erstaunen machte dem Aerger Platz, als der Bettler mürrisch entgegnete: „„Vergeb's Euch Gott, ich nicht,"" sich dann nmdrehte und fortritt." Die Zahl der in Buenos Ayres und der Umgegend angesiedelten Deutschen mag gegenwärtig etwas mehr als viertausend Seelen betra gen. Sie bilden einen in jeder Beziehung achtbaren und willkommenen Theil der Fremden. Der Argentiner hat sie gern, weil sie fleißig und rechtschaffen, ruhig und friedliebend find. Die deutschen Kanflcnte stehen in bestem Rufe, und mehrere von ihnen gehören zu den angesehensten Firmen. Auch die Handwerker zeichnen sich durch Solidität aus, und