244 Nacht und Tagesanbruch ans dem Parana. >8. Buch. Schatten hätte arbeiten können. So war ich denn den Sonnenstrahlen preisgegeben, und mußte mich kurz vor Einbruch der Dunkelheit unter mein Moskitonetz flüchten, wenn ich nicht von Mückenschwärmen zerstochen werden wollte. Jeder Stich dieser Quälgeister hat eine Geschwulst zur Folge, und wenn der Nordwind geht, hat der Reisende vor ihnen gar keine Ruhe. Ich verstand mich noch nicht daraus sie abzuhalten, sie schlüpften unter die Gaze und peinigten mich ganz fürchterlich; ich mußte ausstehen und bis zu Tagesanbruch auf dem Verdeck umhergehcn. Ohne die Moskitos wären die Nächte auf dem Parana herrlich. Die Luft ist so erquickend; die tiefe Ruhe, welche über Land und Wasser liegt, wird von Zeit zu Zeit gestört durch die Magelautc, welche dcr Nacurutu (8lrix mugollumeus, Tin.) ertönen läßt, oder durch die gluckende Stimme der Riesenralle, die auch bei Nacht sich bemerkbar macht. Die gekräuselten^ Wellen plätschern sanft; dann und wann rauscht ei» Luftzug durch das Gezweig. Der wachthabende Matrose bedarf keiner Uhr um zu wissen, wann die Zeit der Ablösung da ist. Denn ihm kommt eine natürliche Uhr zu Hilft, die niemals falsch geht; so oft nämlich der Schaa oder behaubtc Kamichi sich hören läßt, der auf diesen Gewässern das Amt eines Stundenzeigers versieht, weiß mau genau wie viele Stunden ver flossen sind. Ich selber habe oftmals von der Abendämmerung bis zum Morgen die Rufe des Schaa gezählt; ich blieb ganze Nächte hindurch bei den Matrosen ans Deck und achtete aufmerksam auf das kleinste Ge räusch, durch welches die Stille dieser Einöde unterbrochen wurde; ich vernahm das Gebrüll des Jaguars aus weiter Ferne und den ängstlichen Schrei des furchtsamen Cabiai. Bei Nacht halten die Moskitos sich zu Tausenden und Abertausende» unten im Raume des Schiffes auf, bei Tagesanbruch schwärmen sic heraus, um in die Ufergebüsche zu enteilen; vorher aber peinigen sie den Menschen »och mit verdoppelter Wuth. Der Tagesanbruch hat gerade in jene» Gegenden einen unaussprechlichen Reiz. Das widerwärtige Summen der Moskitos hört auf, statt dessen ver nimmt man mit Wonne den fröhlichen Gesang der Vögel, welche das Morgenlicht begrüßen. Es ist als ob die Natur zu neuem Leben erwache; selbst die Akazien und Mimosen öffnen langsam ihre Blätter, gleicbsam um die ausgehende Sonne zu begrüßen. Das entzückende Schauspiel und die tiefen Eindrücke eines solchen Morgens wirken mächtig auf das