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214 Stellung Frankreichs zu Buenos Ayres. j?. Buch. ganze Binnenland von sich abhängig machen, das keinen andern Ver kehrsweg zum Oceane findet, als eben diese Mündung des La Plata. Man sieht, welch ein brennendes Interesse Bolivia, Paraguay und Bra silien daran hatten, solche Pläne zu verhindern. Den großen Handels völkern mußte gleichfalls daran liegen, daß Rosas seinen Zweck nicht er reichte; denn war das der Fall, so waren sie von seinem Belieben ab hängig. Frankreich trat, wie wir gesehen haben, zuerst aus den Schau platz; die Juliusdynastie hatte enge Bande mit der kaiserlichen Familie in Brasilien geschlossen, sie suchte Einfluß in den katholisch-romanischen Kreolenstaaten Südamerikas, insbesondere aber in Montevideo, wo etwa 25,000 Franzosen ansässig sind, so daß dasselbe zu nicht geringem Theil für eine französische Stadt gelten kann. England widerstrebte jeder Aus dehnung des französischen Einflusses und verfuhr im Allgemeinen sehr glimpflich gegen Rosas, so lange es Grund hatte, seinem europäischen Nebenbuhler zu mistraucu. Als aber Frankreich begriff, daß es sich bei den Händeln am La Plata in eine falsche Lage gebracht hatte, und doch England in jenen Gegenden weder schwächen noch verdrängen könne, lenkte cs auf eine andere Bahn. Nun war für England, das gleich falls nicht im Mindesten wünschen konnte, den argentinischen Dictator zum Allcinherrn des La Plata werden zu lassen, kein Grund mehr vor handen, Rosas länger zu halten; es konnte ihm völlig genehm sein, daß derselbe gestürzt werde; denn wenn er dem Handel der Ausländer auch in der Stadt Buenos Ayres Vorschub leistete, um möglichst hohen Ertrag aus den Zöllen zu gewinnen, so wollte er doch den Verkehr der Fremden im Binnculande selbst nicht zugcbcn; sie sollten eben stets unter seiner Controls bleiben. Auch das innere Land wurde es müde, sich ausschließ lich von einer Seestadt beherrschen zu lassen. Die Machthaber zu Buenos Ayres hatten die Schifffahrt auf den Strömen gehindert; dieses Mono pol zu brechen, war ein gemeinsames Interesse Aller. Brasilien insbe sondere, das von jeher habsüchtige Blicke auf Uruguay wirft, dessen Un abhängigkeit jedoch 1848 anerkannt werden mußte, wollte um jeden Preis verhindern, daß Rosas sich dauernd aus dem linken La Plataufcr sestsctze, und von dort aus die Südprovinzen des Kaiserreiches bedrohe. So standen die Dinge, als am 1. Mai 1851 Urquiza offen gegen Rosas auftrat und denselben in seiner eigenen Schlinge zu fangen wußte.