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stehen wir bereits unm.ltelbar vor und in der weltbekannten Gärtnerei selbst, nickt ohne einen lauten Staunensruf der — Verwunderung? ne der — Enttäuschung! Es ergeht uns hierbei wie der Mehrzahl von Ankömmlingen. Man bringt die wunderlichsten, ja abenteuerlichsten Vorstellungen mit, wie z. B. von einer mächtigen Erderhebung mit kraterähnlichcm, ewig dampfenden Gipfel, um welchen herum ein specifisch-tropisches Klima herrscht, und die Baum- und Blumenlabyrinthe der Wendekreise terrassenartig einporsteigen. Statt besten erblickt man eine ziemlich öde und, außerhalb des eben durchschrittenen Wäldchens, säst baumlose Hochfläche, in deren Mitte ein mit wenig über 500 Schritten zu umgehender Raum sich eingezäunt sinder, welcher durch die Blumenbeete und Ziersträucher in seinem südlichen Ende sich zwar sofort als Garten präsentirt, dessen übriger, erotischer Gewächsreichthum aber, wie anderwärts im Jnlande, eben auch nur unter Glas und Rahmen sich heimisch fühlt. An den ewigen Brand im Erdinnern aber erinnern nur die an den äußern Ecken der Glashäuser hie und da aus der Erde hervorguckenden oscnrohrähnlichen Thonröhren, denen ein heißer Brodem mit Steinkohlengeruch entguillt. Das im Schweizer geschmack erbaute zierliche Wohnhaus deS Besitzers, welches von dem hochliegenden Ende deS Gartenlerrains herab die gläserne Colonie beherrscht, ist noch der angenehmste Ruhepunkr für das Auge. Doch Geduld, das Gefühl der Befremdung über daS Ver mißte wird bald vor dem der Befreundung mit dem Vorhan denen in den Hintergrund treten. Nur Eins vergesse man nicht, sich vor Allem über die von der Natur vorgezeichneten Bedin gungen näher zu unterrichten, welche der Anlage ihre Ent stehung gegeben, aber auch ihr Ziel gesteckt, ihren intensiven und räumlichen Umfang begrenzt haben. Man wird sich dann schnell überzeugen, wie hier weder ein Park, noch ein Lurus- oder botanischer Garten aus fest im Boden wurzelnden Vegetabilien, wie vielmehr nur eine Treib- und Handelsgartcnanlage, — und anders hat daS Etablissement sich nie angekündigt — geschaffen werde» konnte, wie hier aber das auf diesem engern Gebiet Er reichbare in Bezug sowol auf Horticnltur als auf Wissenschaft in gleich bewundernswerthem Umfange geleistet wird. Wo heutzutage die Geitner'sche Gartencolouie sich befindet, war vor 20 Jahren der unfruchtbarste Lehdeboden und die un mittelbare Umgebung derselben ist es noch jetzt. Zwar halte ihm die Natur ihr grünes Gewand nicht ganz versagt, allein, nicht im Frühling und Sommer, wo ringsumher Alles in üp pigster Vegetation prangt, im Spätherbst und Winter vielmehr legte er eS an, und wunderbar stach dann seine grüne Rasen decke von den nachbarlichen Schneefeldcrn ab. Ursache dieser seltsamen Naturerscheinung ist die Erhitzung der Erdoberfläche durch aus der Tiefe emporsteigende Dämpfe, und diese wiederum sind die unmittelbare Folge der sogenannten Eedbrände. — Vor undenklichen, mindestens bis in daS 15. Jahrhundert hinauf reichenden Zeiten nehmlich ist auf einer Strecke zwischen Cains dorf und Oberplanitz in dem hier 30 Fuß mächtigen sogenann? ten Rußkohlenflötz ein Brand entstanden, und zwar nach abwei chenden Traditionen durch Ausbrennen eines Fuchses, oder An zünder, eines Ameisenhaufens an einer Stelle, wo vie Kohlen zu Tage ausstrichen, oder durch Blitzstrahl, am wahrscheinlichsten wol durch Selbstentzündung, wie solche auch in England, Bel gien, Schlesien u. s. w. ähnliche Brände erzeugt hat. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts jedoch geschieht dieses Brandes keine Er wähnung, wol aber wurde 1641 durch kaiserliche Soldaten, welche einen mit Habseligkeite» der Dorfbewohner gefüllten Schacht anzündeten, ein neuer Kohlenbrand herbeigcführt, welcher seit dem ununterbrochen wüthet, zuweilen sogar, wie z. B. erst noch 1849, zu Tage ausgeht, und allen, selbst auf chemischem Wege angestellten Löschversuchen bisher beharrlich Trotz geboten hat. Die durch dieses unterirdische Feuer, welches jetzt bis zu 300 Fuß tief einen Raum von etwa 300 Lachter Länge und 60 Lachter Breite einnimmt, entwickelten Dämpfe dringen nun zu Tage auf, jedoch meistens nicht senkrecht, dann wenigstens nur schwach, sondern vielmehr seitwärts durch alte Baue, Riffe und Klüf tungen des Deckgebirges. Daher kommt es denn auch, daß, wie! aus Grund genauester, durch A. von Humboldt veranlaßter Erd- wärmemeffungen zu Berichtigung einer ziemlich verbreiteten irr!-! ge» Ansicht hier versichert werden kann, die Erdoberfläche keines wegs überall, noch weniger überall gleichmäßig warm ist. Jede dieser Klüftungen, die oft 20—40 Elle» auseinander liegen, theilt nehmlich, wenn sie selbst an der Mündung des Rauchlochs -st- 60 bis 70 o R. zeigt, dem sie umgebenden Boden höchstens bis auf 2 Ellen, bei einer Temperatur von -j- JO^R. höchstens auf etwa 1 Elle im Umkreis einen gleichen Grad von Wärme mit, während das übrige Terrain, je nach der Jahreszeit und andern Einflüssen sich nur etwa bis zu 5 bis 10" R. zu erwärmen' pflegt. Soviel über jenen unterirdischen VernichtungSproceß, dessen! Wirkungen, ungezügelt und ungenützt durch Geist und Hand des! Menschen, der Erddecke über ihm gerade in der Zeit üppigster! Entwickelung vci. slc umgcbenyril Pflanzenwelt Jahrhunderte hin-! durch daS Gepräge verkümmerten Lebens aufgedrückr hatten, bis! er plötzlich blühenden Leben dienstbar, und daS durch ihn todt-I gebrannte Land zum gedeihlichen Boden herrlicher, ja selbst un fern, Klima versagter Pflanzen und Früchte umgewandelr wer-! den sollte. Dem vr. E. A. Geitner in Schneeberg, dem rühmlich be kannten Erfinder deS Argentans, gestorben im Jahr 1852, ver-I danken wir diese überraschende Metamorphose. Als Besitzer einesl nahe gelegenen Vitriol- und Alaunwerks und als Begründer! und Vorstand eines Garienbauvereins zu Auerhammer bei Schnee berg hierzu besonders angeregt, ließ er mit grundherrlicher Er- laubniß im Frühjahr 1837 zunächst nur einen sogenannte» hol ländischen Kasten mit 6 Fenstern zur versuchsweisen Erziehung! frühzeitiger Gemüse, durch den Erfolg belohnt, aber in demselben Jahre noch mehrere Treibebeere und ein GlaShauS aufführen, denen in den folgenden Jahren mit Hilfe einer für diesen Zweck eigens gebildeten Acliengesellschaft noch weitere Warm- und Kalt däuser, inglcichen die nölhigen Kreibeeke sich anschlofsen. Diel Erwärmung dieser Häuser bis zu beliebigen Temperalurgraden wird durch horizontale Kanäle von 2—3 Fuß Höhe und über! 4 Fuß Weite bewirkt, welche auS den in die Erdklüftungen senk recht eingelassenen Rauchfangröhren(Fümetlen) mit heißen Was- ferdämpfen gespeist, und zum Schutz der Pflanzen vor Ueber- hitzung mit 3 Zoll dicken Stangen und gleichstarker Lehmschicht! bedeckt werden, worauf dann erst bei AnanaSbeeten die gute! Gartenerde zu liegen kommt, während die übrigen WarmhauS- pflauzen auf besonder» Stellagen stehe», unter Lenen ein hohler Raum mit Luftzügen die übermäßige Wärme anderweit vermin dert. Seit 1846 ist das Etablissement in daS Eigenthum deS für seine Vervollkommnung rastlos thätigen Sohnes'deS Begrün ders, Herrn Gustav Geitner'S, gelangt, und besitzt jetzt, neben 10 Gewächshäusern, mehreren Bassins für Wasserpflanzen u. dgl., als seine größte Zierde seit 1855 ein an Größe und Zweckmäßig keit auf dem Conrinent wol kaum übertroffenes Palmenhaus von 26 Fuß Höhe, 32 Fuß Tiefe und 44 Fuß Länge, dessen auf guß eisernen Säulen ruhendes Dach aus Doppelglas in eichenen Rah men besteht, und welches, obwol 14 Fuß tief als Souterrain gebaut, doch vermöge seiner sonstigen Construction von allen vier Seilen die vollste Lichtwirkung möglich macht, wodurch die Pflanzen vor der» Nachtheil des Schiefwachsens nach der Licht seite bewahrt werden. (Schluß folgt.)