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o Zwickau, 9. Nov. Gcstkrn wurde nach Vollendung des Baues an dem diesigen Gewandbause, dessen äußere acht gordische Bauform beidebalien, jedoch renovirt und re- staurirt worden ist. und in dessen weitem inneren Etagenraum man einen prachtvollen Concertsaal mit Vor. Neben- und Speisezimmern, so wie einem Theater eingebaut hat. die Ein weihung dieser Räumlichkeiten durch ei» allgemeines Fest mahl mit nachfolgendem Balle begangen und nahmen an die sem städtischen Feste. das durchgängig den Charakter heiterer Unterhaltung, durch launige Toaste insbesondere gewürzt, an sich trug. Stadtratb und Stadtverordnete in ihrer Mehrheit, die mit der Leitung des Baues beauftragt gewesenen Personen und eine große Anzahl Bürger und Einwohner Tbeil. DaS KewankhauS in seiner jetzigen verjüngten Gestalt ist eine neue Zierde für unsere Stadt, hauptsächlich für unser» weiten, schönen Marktplatz geworden. Schon der Eingang, der durch ein weites. gothischeS. erst bei jetzigem Baue wieder aufgefun- deneS Thor an der Nordseite gebildet wird, macht ans den Besucher einen sehr angenehmen Eindruck. Auf einer breiten, weiter oben nach rechts und links sich wendenden steinernen Treppe gelangt man zunächst in den Vorsaal und von da in den hohen Haupisaal, der mit erhöhten Seitengängen und umlaufenden auf 12 in weiß und Gold prächtig deconnen Säulen ruhenden Galerien versehen ist und rücksichtlich seiner akustischen Bauart und seiner einfachen, aber geschmackvolle» Ausstattung sich mit jedem bessern Conrertt'aale größerer Städte messen kann. 'Das Theater und die Bühne ist der Größe unjerer Statt völlig angemessen und werden die Theatern,,- ternehmer gewiß stets zufrietengestellt sein, wenn nur zwei . Driiibeile der Zuschauerräumlichkeiten gefüllt sind. Was die i Beleuchtung anlangt, so bat man im Gegensatz zu der etwas I spärlichen Straßenbeleuchtung das Gaslicht diesmal nicht ge- ! schont und sind die, im Ganzen 72 Gasflammen zählenden, ein. zwei- und dreiarmigen Leuchter meistentheils an den ! Säulen und Wänden angebracht, so daß größere Deckenleuch- »er in Wegfall kommen tonnten. ES dürfte also von nun an kein Fremder es verabsäume», beim Besuche unserer Stadt und bei Besichtigung der diesigen mannichfachen SebenSwür- digkeiten auch das beschriebene renovirte und beziehentlich neue Bauwerk in Augenschein zu nehmen. Künftigen Dienstag, den 13. i> beginnen darin die theatralischen Vorstellungen und iit unter den verschiedenen Bewerbern der in sedr gute», Rufe stehenden Herzoglich Sachsen Altenburgischen Hoftheater- . geselltchaft unter der Direktion des Herrn Hermann Mein bardt. die Erlanbntß ertheilt worden, die neue Bübne zu er- ! öffnen und eine Reihe guter Opern und Schauspiele ,c. in diesem und dem folgenden Monate folgen zu lassen. I) Zwickau, 12. Juli. Gestern Nachmittag wurde unter entsprechenden Feierlichkeiten der Grundstein zu demBrauereigcbäude des seit 1853 hier bestehenden „Brau vereins" gelegt, und hatten sich dazu nicht nur Vereins mitglieder, sondern auch Mitglieder des Stadtraths, der Kircheninspcction, des Stadtverordnctcncolleglums, sowie viele andere hiesige Einwohner eingcfunden. Las Interesse für das Brauwesen und Alles, was damit zusammcn- hängt, ist nämlich hier ein sehr großes und allgemeines und die Bierbrauerei einer der ältesten und wichtigsten Nahrungszweige Zwickaus, wie jrch aus Folgendem er geben dürste. Schon im Jahre 1343 gab es hier eine ausführliche Drauordnung, welche sich in dem alten Per- gamcntcoder des hiesigen Stadtraths befindet, mit strenger Schcnkpolizci, der Vorschrift geaichtcr Glaser re.; nach einer andern Urkunde vom Jahre 1421 übte die Stadt Zwickau das Bierzwgugsre,cht .oder den Pierbann über 3" umliegende Dörfer aus, ein Privilegium, zu dessen Be hauptung bis zu Ende des vorigen Jahrhunderts nicht selten sogenannte Bicrausfällc mit bewaffneter Bürger mannschaft gemacht wurden, die utcht selten blutig ab- licfen. Das Aufkommen der Lagerbiere im Jahre 1511 vcranlaßtc in den nächstfolgenden drei Jahrzchndcn die Anlegung der zahlreichen auch auswärts bekannt gewor denen Prrgkcllcr unterhalb der Stadt am rechten Mulde ufcr, über 6l) an der Zahl, und brachte überhaupt das Brauwesen zu einer solchen Blüthe, daß im Jahre 1514 777 Gebräude gethan worden sein sollen. Im Jahre 1525 erschien eine neue Brauordnung, durch welche das Braurecht auf 234 Häuser der innern Stadt mit 858 Gcbräuden beschränkt wurde. Diese Einrichtung besteht mit geringer Abänderung noch heule, indem cs gegen wärtig 273 braubercchtigtc Häuser mit 868 Gcbräuden giebt. Dabei, sei erwähnt, daß cs damals allein 7 Brau meister und 5 Mälzer gab, die großeAwickauer (2 Zwickauc.r gleich 3 Dresdner) Kanne Draunbicr 3 Pf., Lagerbier 6 Pfennige kostete, auch der Reihschank schon üblich war. Der dreißigjährige Krieg äußerte wie auf alle Verhält nisse Deutschlands, so auch auf das hiesige Brauwesen einen höchst nachtheiligen Einfluß; es erholte sich jedoch bald wieder und erlangte um 1660 größer» Ruf als je zuvor, es wurde weit und breit versandt und selbst bei Hofe getrunken, worauf sich noch heut zu Tage mancher Brauende viel zu Gute thut. Diese Blüthe dauerte bis zum siebenjährigen Krieg, der den Verfall der Städt und mit ihr den ihrer Gewerbe zur Folge hatte. Die Privat brauhäuser, deren es um jene Zeit 16 gab, stellten eins nach dem andern ihren Betrieb ein, bis zuletzt nur noch 2 übrig waren, weshalb im Jahre 1797 die brauberech- tigtc Bürgerschaft den Stadlrath um Erbauung eines coinmuulichcn Brau- und Malzhauses bat, was auch ge schah, und das im Jahre 1799 fertig wurde. Dasselbe wird noch jetzt benutzt. Da cs aber in seinen innern Einrichtungen nicht mehr den Anforderungen der Jetzt zeit entspricht, auch der Betrieb Manches zu wünschen übrig läßt, Aenderungen der Brauordnnng aber, wozu Einstimmigkeit der Brauberechtigten erforderlich, nicht durchzusetzen waren, so traten, wie .eingangs erwähnt, im Jahre 1853 eine Anzahl brauberechtigtcr Bürger zu einem Verein zusammen, mit dem Grundprincipe, die den Mitgliedern zustehcnde Braugerechtigkeit nicht mehr für Einzelrechnung der Besitzer, sondern für allgemeine Rech nung der Gesellschaft abzubraucn und den erzielten Ge winn alljährlich an die Vereinsmitglicdcr im Verhältniß der Anzahl ihrer Braugerechtigkeiten zu vcrthcilen. Die ser Verein hat den Namen „Awickauer Brauvcrein" an genommen und besteht zur Zeit aus 80 Mitgliedern mit 611 Braugerechtigkeiten. 1 F