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Das langgedehnte Rufen unseres feurigen Donnerrosses hatte uns die Nähe unseres Zieles schon treulich gemeldet; die Laternen des Bahnhofes hüpften an uns wie Irrwische vorüber; der Zug stand; wir waren vor Ort. Auf dem Heimwege nach Zwickau hatte ich noch einmal Gelegenheit, die Lichter der Coakshöfen bald hier, bald dort auftauchen zu sehen; doch der Anblick war mir viel zu oberflächlich, als daß ich dadurch befriedigt worden wäre. Schon jetzt stand mein Entschluß fest, diesen feurigen Gästen einen baldigen Besuch abzustatten, um mich dadurch für den Schreck, den sie mir erst eingeflößt hatten, wieder schadlos zu halten. Ich gedachte mein Zelt für die Tage meines Besuches bei einem alten Freunde aufzuschlagen; meine Ankunft erregte um so größere Freude, je überraschender sie war. Die Be willkommnung und die ersten stürmischen Ergießungen d,r Herzen waren vorüber; die Unterredung, erst ein reißender Strom, wurde bald ein ruhig und sanft dahingleitender Bach, und wir singen schon an Pläne zu schmieden, damit mir mein kurzer Besuch ein recht angenehmer werden möchte. Jetzt war es Zeit, für meinen Wunsch, den ich bei allem Sturme der Gefühle nach meiner Ankunft nicht ganz aus dem Auge verloren hatte, zu werben; ich rückte heraus mit der Sprache, und mein Freund war nicht im geringsten befremdet, vielmehr er meinte, ich wäre da auf einen Plan gekommen, dessen Ausführung mir gewiß ebenso genußreich als belehrend sein würde, und kurz und gut, der Gang nach den Coaksöfen wurde schon für den nächsten Morgen bestimmt. Noch sehr früh war es am Tage, als wir schon unter wegs waren; die Königin der Nacht war schon niedergestie gen, um einen andern Theil ihres Reiches heimzusuchen, aber Tausende von blinkenden Sternlein sendeten ihren dämmern den Gruß zur Schwester Erde herab. Heilige Stille herrschte noch durch die Natur und weithin hörten wir unsere eigenen Tritte schallen. Doch wir waren nicht die ersten, die sich den wiegenden Armen des besänftigenden Schlafes entrissen hatten; vor uns und hinter uns wandelten Gestalten. Es waren Bergleute, die an ihre Arbeit gingen. Die Nacht war kalt und ihre Kleidung mehr als leicht: drum eilten sie mit einem herzlichen „Glück auf" an uns vorüber, um sich mög lichst bald in dem wärmenden Schooße der Erde zu begraben. Das Helle Licht ihrer Blenden kam auch uns streckenweise zu Gute; aber einige muthwillige Burschen machten sich auch den Spaß, uns den vollen Schein ihrer Lichter plötzlich in die Augen fallen zu lassen. Für den Augenblick geblendet standen wir dann da und getrauten uns kaum einen Schritt vorwärts zu gehen, bis es dem Muthwillen beliebte, unter Lachen seinem lästigen Scherze ein Ende zu machen. Unser Weg führte uns an der Lerchenmühle vorbei, de ren lustiges Geklapper weit hin durch die Stille der Nacht drang und munter mischte sich drein das Brausen des rast-