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Deine Häuser seh' ich glänzen all' im Abendsonnenschein, Deine Thürme seh' ich ragen in den Himmel hoch hinein; Und in fernem Rausche» hör' ich dort von deinen Mauern her, Wie sich regt auf Markt und Straßen der geschäftige Verkehr. Lieblich tönt in sanften Klängen d'rein der Abendglocken Ton, Trägt wohl auf den leisen Schwingen manch Gebet zum Himmelsthron; Und es schwingt empor mit ihnen feiernd meine Seele sich, Lös't sich auf in Segenswünsche, theure Schwanenstadt, für dich. — Fest gegründet, schön gefüget, ungebeugt vom wilden Sturm, Streckt bis an der Wolken Grenze dort sich dein Marienthurm«); Ueber deinem hehren Tempel hebt er mächtig sich hervor, Weift, ein heil'ger Zeigefinger, zu dem Himmel dick empor. Wie du jüngst den schönen Tempel reinigtest vom alten Wust »), Daß er hell und licht erglänzet, jedes Aug' ihn schaut mit Lust: Also steh' für Licht und Freiheit, für der Wahrheit Himmelsmacht, Scheuch', o Stadt, aus deinen Mauern Finsterniß und Geistesnacht! — Kühn gehoben, reich umranket von dem steinernen Gezweig, Ragt ein alter, hoher Giebel, herrschend in des Markts Bereich '"); Neben ihm, dem Blick sich bergend, unter dreier Schwäne Hort, Steht mit seinen festen Mauern das verjüngte Rathhaus dort"). Einst in grauen Zeiten saßen, reich an Macht und Herrlichkeit, Dort der Stadt biderbe Vater, treu zu Rath und That bereit, Schützten frei der Stadt Gerechtsam gegen gnäd'ger Herren Trutz; Um sie her im Wekrschmuck standen Bürger kühn zu Schirm und Schutz. Wahre dir der Väter Mannskraft und der Väter Biederkeit In dem Ringen und dem Streben dieser neuen, freien Zeit! Wahre deiner Bürger Würde! Werde nimmer müd' und matt In dem Kampf für Recht und Freiheit, alte, gute Schwanenstadt! — Von der neuen Zeit gegründet, stehet dort ein freundlich Haus, >2) Wo die Schaar der frischen Kinder täglich gehet ein und aus; Fröhlich in den lichten Räumen sammeln sich die muntern Reih'n, Edler Saame schlägt die Wurzeln in die jungen Herzen ein. Gehe unter Gottes Segen glücklich auf, du gute Saat! Reife tausendfach zu Früchten edlen Sinns und edler That, Daß die frohen Kinderschaaren einst, als Männer und als Frau'n, Hochgebildet, frommgestttet, eine schöne Zukunft bau'«! — Doch was starret, kaum erleuchtet von dem letzten Sonnenstrahl, Hier mit finstern, grauen Mauern mir entgegen aus dem Thal? Einst der Stadl bethürmte Veste, jetzt ein Wohnort schwerer Pein, Stehet dunkel, trüb' und grausig hier der alte Ostersteint»). Eine Thräne weih' ich ihnen, die da seufzend wohnen drin! Sünd' und Laster, Wahn und Thorheit, Noth und Elend trieb sie hin. — Streut in Häusern und in Schulen frühe guten Saamen aus; Dann wird leerer, immer leerer werden dieses finstre Haus! — Horch! Was schallt so grell und schneidend drüben von den grünen Höh'n Plötzlich durch die Abendlüfte für ein schrillendes Getön? Mit dem weißen Dampfessittig weithin zeichnend seine Bahn, Fliegt dort schnaubend, ächzend, keuchend hin der feuersprüh'nde Schwan;