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essen! Doch wer vermöchte es, ein solches Bild, wie es im frischesten Blätter- und Blüthenschmucke des Frühlings sich vor mir entrollte, mit dürren, trockenen Worten zu beschrei ben? Wer es genießen will, der gehe hin und schaue sich selber satt daran! Lange Zeit verweilten wir an dem reizenden Plätzchen. Endlich rissen wir uns los und gewannen die Fahrstraße wieder, von der wir aber bald links abbogcn und durch ein kleines Nadclwäldchcn eine ziemlich öde Hochfläche erreichten. Schwerlich würde man in dieser dürftigen Gegend, in die man sich hier aus der üppigen Blüthenfülle des reichen Mul- denthalcs so plötzlich versetzt sieht, das suchen, was sie hinter dem einfachen Gartenzaune birgt, an dem wir eben angelangt sind. Wir treten in den Garten und erblicken im Lande und in Töpfen eine reiche Flora der schönsten und außerordent lichsten Blumen, deren das große Gewächshaus und mehrere niedrige Treibhäuser uns noch mehrere zu zeigen versprechen. Wir befinden uns nämlich in der Gcitncr'schen Treibegärt nerei, welche auf den „Planitzer Erdbränden" angelegt ist. Seit Jahrhunderten glimmt hier ein Stcinkohlcnflötz in unterirdischem Brande, welcher der Erdoberfläche einen so hohen Grad Hitze verleiht, daß auch im härtesten Winter niemals Schnee auf ihr liegen bleibt und ein siedend heißer Dampf aus dem Boden emporsteigt, wo man auch nur ein wenig in denselben hincinbohrt. Diese merkwürdige Natur erscheinung hat vor etwa 12—15 Jahren eine Acticngesell- schaft unter Leitung des I)r. Geitner in Schneeberg dazu benutzt, eine Treibcgärtnerci anzulegen, welche die schönsten und seltensten Blumen, die meisten tropischen Gewächse, und selbst im strengsten Winter frische Gurken, Melonen, Gemüse u. dgl. erzeugt. Die Gesellschaft hat sich vor Kurzem auf gelöst, und die Gärtnerei ist in den Besitz eines Sohnes des genannten Ilr. Geitner übcrgegangen Die äußerliche Anlage des Gartens selbst bietet — außer einer zur Einfassung eines Brunnens dienenden künstlichen Felspartic, welche aus allen in der Zwickauer Gegend vorkommendcn Gebirgsarten zusam mengesetzt ist — nichts Bcmerkenswerthes dar; der Blumen freund und Botaniker aber finden hier eine reiche Ausbeute für ihre Liebhaberei und ihre Wissenschaft. Durch Röhren, welche in den Erdboden eingelassen sind, wird die Hitze in die über dem Brande befindlichen Treibhäuser geleitet, in welchen dadurch eine dem Clima des Acquators gleichkommendc Temperatur erzeugt wird. Alle Pflanzen, welche die heiße Erdzonc hcrvorbringt, Ananas, Palmen, Bananen, Aloe, Cactus u. s. w., sind hier zu finden, und wenn sie auch in der Treibhausluft freilich nicht die Größe, Frische und Schön heit erreichen, worin sie in ihrem Vaterlandc unter der freien Himmclslust prangen mögen, so ist cs doch immer höchst interessant, hier so viele merkwürdige Pflanzen vereint zu se hen, die man sonst nur aus Reisebeschreibungen und Bilder werken kennen lernt. Durch eine hübsche Waldpartie — in der wir mehrere theils durch frühere Erdbrände, thcils durch unvorsichtigen Kohlenabbau entstandene „Erdfälle," verschiedene Arten zu- zusammengebranntcn Gesteins und buntfarbiger Schlacken („Töpferzeug der Natur" pflegt cs der bekannte Gcognost Gutbier zu nennen) und merkwürdige Abdrücke vorsündfluth- licher Pflanzen in den am Wege liegenden Steinen zu be-