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director, ein Organist und ein Kirchner eingestellt, und es wird an allen Sonn- und Festtagen Vor- und Nachmittags Gottesdienst mit Predigt in ihr gehalten. Die Kirche besitzt in Gemeinschaft mit der Katharinenkirche ein be deutendes, größtencheils in ausgedehnten Waldungen bestehendes Ver mögen, aus dem die Unterhaltung der Gebäude und des Kirchenwesens, ein großer Theil der Besoldungen u. s. w. bestritten wird. Es heißt „das geistliche Aerar" oder „der geistliche Kasten" und wird unter der Autorität der Kircheninspection von einem besondern Beamten, dem „Obervorsteher," verwaltet, welchem als Bote u. dergl. der „Kasten diener" untergeben ist. 2. Die Katharinenkirche. Die zweite Kirche der Stadt, die Katharinenkirche, gemeinhin die niedere oder kleine Kirche genannt, wurde uni das Jahr 1215, wahrscheinlich durch den Markgrafen Dietrich den Bedrängten gegründet. In den Jahren 1328 und 1403 brannte auch sie mit ab, wurde nach diesen Bränden neu erbaut und im Jahre 1465 durch den Anbau des schmalen Altarraumes vergrößert. Im dreißigjährigen Kriege erlitt sie dadurch bedeutenden Schaden, daß die Kaiserlichen sie 1632 als Fe stungswerk benutzten. Auch von den mitunter eintretenden Ueberscbwem- mungen der Mulde wurde sie wegen ihrer niedrigen Lage mehrmals mit betroffen, so besonders im Jahre 1830. Eine Restauration im Innern erfuhr sie 1835, wodurch sie ein freundlicheres Ansehen bekam. Im Jahre 1848 endlich erhielt sie, mit ihren zwei Spitzthürmen, eine vollständig neue Schieferbedachung; ein damals schon beschlossener Neu bau des Aeußeren aber, wodurch ein spaterer, jetzt baufällig gewordener Anbau an der Westseite wieder beseitigt, die Hauptfronte nebst dem größeren Thurme verschönert und dem zierlichen Treppenthurme ein bes serer Prospect gewährt werden soll, harrt noch der Ausführung. Die Kirche ist ebenfalls im gothischen oder altdeutschen Style ge baut und, wenn sie gleich der Marienkirche bedeutend an Schönheit nachsteht, doch immer auch ein schönes und bemerkenswerthes Gebäude. Sie ist im Lichten gegen 70 Ellen lang, 35 Ellen breit, 21 Ellen hoch, und das Gewölbe ruht auf 5 Pfeilern, deren 3 auf der nördli chen, 2 auf der südlichen Seite stehen, in welche letztere der Haupt thurm eingebaut ist. Dieser, an der Südwestseite der Kirche befindlich, ist 108 Ellen hoch, enthält eine Uhr und vier Glocken und endigt in eine schlanke, altdeutsche Spitze. Der zweite Thurm ist ein sogenannter Dachreiter, der sich sehr dünn und spitz auf dem östlichen Ende des Daches erhebt. Der Altar mit einem Aufsatze, der sich durch Flügel zweimal verändern läßt, zeigt einige gute Gemälde von Lucas Cranach dem Aelkern, worunter sich namentlich das die Fußwaschung darstellende Hauptbild, das lebensgroße Porträt der heil. Kunigunde und eine Abend mahlseinsetzung auszeichnen. Die Katharinenkirche ist keine besondere Pfarrkirche, hat aber in Bezug auf Taufen, Trauungen und Begräbnisse ihren besondern Spren gel. Gepredigt wird in ihr nur an den Vormittagen der Sonn- und Festtage, Nachmittags nur einige Mal im Jahre, während übrigens nur Betstunde gehalten wird. Der Pfarrer zu St. Marien ist zugleich mit Pfarrer zu St. Katharinen. Außerdem ist ein besonderer Geistli cher, der Protodiakonus (in früherer Zeit auch noch ein Subdiakonus) bei ihr angestellt, mit dem sich jedoch die beiden Diakonen der Marien kirche in die Predigten und sonstigen Amtsgeschäfte theilen; auch hat sie ihren besondern Eantor, Organisten und Kirchner. 3. Die Moritzkirche. Die Moritzkirche ist die Pfarrkirche für die Moritzgemeinde, welche aus den Bewohnern der äußeren Leipziger Vorstadt und der Dörfer EckerSbach und Pöllwitz besteht und ungefähr 700 Seelen zählt. Sie wurde zu Ende des 12. Jahrhunderts als Pfarrkirche für das später im Hussittenkriege untergegangene Dorf Osterweih, welches sich von der niedern Vorstadt bis zum Dorfe Pöllwitz erstreckte, begründet. Im 15. Jahrhunderte, bald nach dieser Zerstörung, wieder aufgebaut.