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Letzterer eine auffallende Abweichung darin finden, daß während Badehose und Handtuch bei emmaligem Gebrauche nur zwei Procent des Abonnementpreises kosten, für den Bademantel 5 Procent gezahlt werden muß, doch kann man dies vielleicht aus diesem oder jenem Grunde erklärlich finden, auch ist der Bade mantel ein Luxusgegenstand, von welchem hier füglich abgesehen werden kann. — Hier soll nur darauf hingewiesen werden, daß der Preis für ein einzelnes Bad ber Benutzung der offenen Halle höher rst, als im Händelschen und Gothischen Bade, welches doch bloße Privatunternehmungen sind, und daß man im Publicum die Erwartung hegte, es werde, wenn nicht ein geringerer, doch sicher kein höherer Preis als in den ge nannten Bädern eingeführt werden. Man wende uns nicht em, daß ja Jeder nur zu abonniren brauche, um recht billig baden zu können, denn es ist leicht nachzuweisen, daß dann eben viele nicht in der Lage sind, sich dieses für die Allgemeinheit geschaffenen Vor teils theilhastig zu machen. Wollte oder könnte man aber aus wirklich triftigen Gründen hierin eine Aenderung nicht machen, so wäre doch immerhin zu wünschen, daß wenigstens für Kinder eine Ermäßigung stattfände. ES braucht gewiß hier nicht erst gesagt zu werden, wie namentlich für Knaben das fleißige Baden von den wohlchätigsten Folgen ist und eben so wenig wird man be streiten, daß es viele Familienväter in Leipzig giebt, die, besonders wenn sie mehrere Knaben haben, nicht so leicht diese Ausgabe machen können. Freibäder haben wir jetzt eigentlich gar nicht mehr, denn daS Bad in der Sauweide fällt nach vollendeter Wafferregulierung weg und das Bad hinter der Waldstraße ist, so lange die Wehre nicht überlaufen, waS in der warmen Badezeit selten der Fall ist, uur eine stinkende, trübe Lache. So fehlt es denn den armen Kleinen sehr an einem guten, beaufsichtigten und billigen Bade platze. Und gerade die Beschaffung eines guten und billigen Volksbades hoffte man, als die neue Anstalt begründet wurde. Aber nicht bloS im Interesse der hier vorzüglich ins Auge ge faßten unbemittelteren Stände kann es liegen, wenn die Presse un neuen Bade möglichst billig gestellt werden, nein, auch in Betreff der Rentabilität des Unternehmens selbst muß dies gewünscht werden, da es ein in der Neuzeit nicht mehr verleugneter volks- wirthschaftlicher Erfahrungssatz ist, daß je weniger eine Waare kostet, je höher der Verbrauch derselben steigt. Sollte nicht auch bei einer Badeanstalt dies zutreffen und die Einnahme eine absolut höhere werden, wenn die Preise recht billig sind? Es kann aber von einer angemessenen Verzinsung des angelegten Capital-, die gewiß kein Verständiger und Billigdenkender den Actionairen miß gönnen wird, nur dann die Rede sein, wenn die Frequenz des BadeS eine recht große ist. — Es liegen unS ja jetzt schon die Beispiele vor, daß bei billigen Preisen, und wo die Besitzer außer dem noch die Bademiethe zu zahlen haben, eine Badeanstalt ge deihen und rentiren kann. Darum mache man wenigstens den Versuch und gebe ihn erst dann auf, wenn durch hinreichend ge sammelte Erfahrung der hier gemachte Vorschlag sich als unzu träglich für die Anstalt Herausstellen sollte. Man darf gewiß auch ohne besondere Bitte überzeugt sein, daß der geehrte VerwaltungSrath der Schwimmanstalts-Actienge- sellschaft Vorstehendes freundlichst prüfen und wenn nicht zwingende Gründe entgegenstehen, thunlichst berücksichtigen werde. k'. L. N. Stadttheater. Der Liebling des feineren Komus und IocuS in Berlin, Theodor Döring, ist wie im vorigen so auch in diesem Jahre wieder bei uns eingekehrt und hat am 9. Juli auf unsrer Bühne ein abermaliges Gastspiel begonnen, dem die lebendige Theilnahme des einer angenehmen und edlen Zerstreuung und Erheiterung jetzt doppelt bedürftigen Publicums hoffentlich nicht fehlen wird. Döring gehört ja vor Allen mit zu den Künstlern, die unwider stehlich in uns jenes Behagen erzeugen, welches der echte Humor verbreitet. An Frische und proteischer Kraft der Mimik besonders sucht unsere- Meister- Spiel noch immer seines Gleichen. Er fügt sich damit, wie überhaupt mit seiner ganzen künstlerischen Art und Weise, wesentlich ins Berliner Leben ein. das in kecker Munterkeit sich über alle Stoffe hinwegsetzt und sie mit Aristophanischem Gelüst verspottet. Döring spielt oft eine Rolle, als wenn er mit ihr spielte und ihren Inhalt ironisch persifflirte. Er ist neu und original in jeder Rolle und stellt sie mit den ersten Strichen fertig hin. In der Auffassung seiner Partien konnte er mitunter wech seln, als wenn es gälte, ein übermüthig geniales Kunststück zu liefern. So war er früher im Stande, im „Lear" bald die eine, bald die andere Seite vorwiegen zu lassen, wie bekanntlich Ludwir Devrient und Anschütz, die beiden Normaldarsteller deS Unglück lichen König- und Vaters, zwei verschiedene Seiten in dieser Ge stalt ausgeprägt haben. Jedoch den tragischen Aufgaben bleibt unser Gast jetzt wohl möglichst fern, denn wenn die erschütterndsten Dramen auf dem 4227 Welttheater selber gespielt werden, ist man wenig in der Stimmung, auf den Brettern, dre die Welt nur bedeuten, ebenfalls Dramen ich anzusehen. Statt dessen ist zu vermuthen, daß Döring uns )ie Koryphäen seiner Komik wieder einmal vorführen wolle, seinen Falstaff, seinen Dorfrichter Adam, seinen Geizigen, seinen Com missionsrath Frosch u. s. w. Mit dem vielleicht auserlesensten LabinetSstück in der Gallerte all dieser von ihm geschaffenen ironisch ovialen Figuren debutirte er am 9., mit seinem unsterblichen Bankier Müller im „Lieb es Protokoll," welches, wie wirschon daS vorige Mal rühmen konnten, ein sehr sterbliches Bauernfeldsches Stück fett beinahe einem Menschenalter nun bereits mehrere hundert Mal über Wasser gehalten hat. Dieser „Müller von MüllerS- -ausen," wie ihn der Gast auffaßte und hinstellt, ist bekanntlich das hundertfach nachgeabmte Prototyp der unter dem Namen „jüdischer Bankier" auf der deutschen Bühne eingebürgerten Cha rakterrolle geworden; die Nachfolger sind uns damit leider nur allzuoft in den Weg gekommen, wofür aber Döring nicht verant wortlich zu machen sein wird. Und keiner dieser Imitatoren konnte sich mit chm messen; entweder haben sie das Ziel nicht erreicht, d. h. sie blieben wirkungslos, oder sie trafen über das Ziel hinaus, d. h. sie übertrieben. Jedoch daS Geheimniß des unvergleichlichen Lsfects der Döringschen Leistung liegt gerade in dem Fernsein eglicher Uebertreibung, in dem durchgängig beobachteten Maß. Wir sehen, wie man mit den einfachsten Mitteln den schlagendsten komischen Eindruck Hervorbringen kann. ES folgte da- alte Kotzebuesche Stück „Der gerade Weg der beste", worin des Gastes EliaS Krumm als Typus eines Schleicher- und Schmeichlers ebenfalls schon seit Jahrzehnten classisch feststeht. Dieser zweiten Gabe des Abends verhaften neben dem Genannten die Herren Hock, Saalbach, Herzfeld und Krafft, sowie die Damen Günther-Bachmann und Link zu recht gelungenem Zusammenspiel, was sich dagegen im Bauernfeldschen Lustspiel mehrfach vermissen ließ. Die Besetzung desselben war die frühere, nur trat als Adelaide Fräulein Gurnand ein. Ihr Ton war indessen für das naive Töchterchen des Bankiers stellen weise schon zu pretiös. Frl. Götz als Rosalie wirkt oberflächlich angenehm, doch fehlt ihr der geistreiche Nimbus, die glänzende Laune, welche gerade diese Gestalt des gern in pikanten Capricen sich bewegenden Dichters zu fordern scheint. Der Beste neben Döring war Herr Stürmer als nahezu fossiler Actenmensch. vr. Emil Kneschke. Verschiedenes. (Vom Kriege.) Neuere sichere Nachrichten auS Böhmen und von der Bundesarmee liegen heute nicht vor. Man weiß nur, daß die österreichische Armee ihren Rückzug fortsetzt, daß die Sachsen, die bekanntlich mit den Oesterreichern im Kampfe waren, starke Verluste gelitten haben, daß man fürchtet, die Preußen würden nächstens Frankfurt besetzen; deshalb soll denn auch der Bundestag nach Augsburg verlegt werden. Die Italiener rühren sich wieder; es scheint aber doch eine große Partei unter ihnen zu geben, die Venetien als Geschenk von Napoleon ohne weiteren Kampf annehmen möchten. Venetien hat 2ss, Millionen Einwohner, 122 Städte, 239 Flecken und 3213 Dörfer. Die Abschließung eines Waffenstillstandes hält man für wahr scheinlich. Der Kaiser von Frankreich, schreibt man, will ernstlich den Frieden, natürlich unter Wahrung seiner Interessen. Er er kennt auch an, daß Preußen gegen Oesterreich während deS Waffen stillstands gewisse Garantien fordern und erhalten müsse. * Leipzig, 10. Juli. Die königl. LandeScommission erläßt eine Verordnung über die Vorauserhebung der Grund-, Ge werbe- und Personalsteuer. Darnach soll der dritte Termin der Grundsteuer schon am 1. August, und zwar mit 3 Pf. von jeder Einheit, der zweite halbe Iahresbetrag der Gewerbe- und Personal steuer schon am 1. September entrichtet werden. * Leipzig, 10. Juli. Aus sicherer Quelle erfahren wir, daß die Gesellschaft für Künstler und Kunstfreund« Umlaute-Megro, welche fett der Mobilisirung deutscher Armeen jedes größere Arrangement zu Geselligkeitszwecken grundsätzlich vermieden hat, jetzt zur Linderung der so plötzlich hereingebrochenen Noch auch ihren Beitrag steuern, und deßhalb „zum Besten ver wundeter Krieger, sowie durch den Krieg bedrängter Familien" in nächster Zeit mit «»erkannt vorzüglichen Künstler- kräften einen großen „musrkalisch-declamatorrschenAbend" veranstalten wird. — * Leipzig, 10. Juli. In Bezug auf unsere Notiz, daß auch die fünfte Bürgerschule zum HoSpttal für Verwundete eingerichtet werden soll, werden wir zu der Bemerkung veranlaßt, daß der Unterricht in jener Bürgerschule ungestört noch fortgesetzt wird. H Leipzig, 10. Juli. Heute Morgen gingen auf der Dres dener Bahn etwa 20 Mann preußische Soldaten, die als Leicht- blesstrte hrerher gebracht worden waren und nunmehr wieder her- gestellt sind, zu ihren Regimentern nach Böhmen ab.