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Amtsblatt -es König!. Bezirksgerichts! und des Raths der Stadt Leipzig. MLV2. Sonnabend den 21. Juli. 186«. » ^näsnte - ^llexro. *** Wohl selten hat sich eine Gesellschaft so schnell und un fletheilt die vollen Sympathien Leipzigs errungen, als in jüngster Zeit die immer fröhlicher emporblühende und mehr und mehr erstarkende musikalisch--declamatorische Gesellschaft ^äante-^llegro. Wie sehr sie dieser allgemeinen Sympathie in vollster Weise würdig ist. bewies der Abend des 18. Juli, an dem Tausende nach dem „Tivoli" strömten und gewiß Jeder von ihnen seine Erwartungen, in dem erschütternden Ernst der Gegenwart ein paar schöne er hebende Abendstunden zu verleben, noch überboten fand. CS wird uns zur angenehmsten Pflicht dem Präsidenten und Vorstehern der Gesellschaft, den Herren Hofrath Prof. vr. Oswald Mar bach, Opernregiffeur Becker, vr. Oskar Paul und Hoff man n, sowie allen mitwirkenden Künstlern und dem „Pauliner Sänaerverein" hierdurch öffentlichen Dank auszusprechen; eS ist wahrhaftig nichts Kleines einen solchen Abend inS Leben zu rufen. Den herrlichsten Lohn hat ihnen die Erfüllung ihre- edlen Zweckes, die so überaus reich ausgefallene Sammlung (458 Thlr. 13 Ngr. 7 Pfge.) für verwundete Krieger und ihre Familien gebracht. — Der PauluS unter seinem hochverdienten Dirigenten vr. Langer, dessen Pult bekränzt war, die gefeierten Sängerinnen Blaczek und Dumont, die Herren Schild (Mitglied deS Vereins), RafalSky und Hehler (Mitglied des Vereins) und die ver ehrten Tonkünstler, alle Meister auf ihren Instrumenten, führten em Programm durch, das sich dem Besten anreiht, was noch je das musikalische Leipzig gegeben. Die künstlerischen Kräfte waren so reich vertreten, daß der Ausfall der beiden Sextette, aus „Lucia" und „Czaar und Zimmermann", zu denen der zwar anwesende, aber nicht im GesellschastSanzug erschienene Herr Betz seine Mit wirkung bestimmt zugesaat hatte, auch nicht im Mindesten eine irgendwie fühlbare Lücke hervorrief. DaS Programm war folgendes. Erster Theil: Variationen für zwei Pianoforle von R. Schumann, gespielt von den Herren von Gum perl und von Inten. Lieder von Schumann und Men delssohn, gesungen von Frl. Blaczek. Lied von Kreutzer, ge sungen von Herrn RafalSky. Lied von Reinecke, vorgetragen von den Paulinern, Tenorsolo Herr Schild. Lieder, gesungen von Frau Dumont. Gedicht von Victor Hugo, übertragen von Oswald Marbach, gesprochen von Herrn Hehler. Jnstrumental- septett von Beethoven, gespielt von den Herren Bolland I. (Vio line), Bolland II. (Viola), Heaar (Cello), Sladech (Contra baß), Landgraf (Clarinette), Weißenborn (Fagot), Gum- bert (Horn). Lieder von Kirchner, gesungen von Herrn Schild. Den Schluß deS ersten TheileS bildete nachstehendes, die darauf folgende Sammlung einleitende Gedicht von Oswald Marbach, von ihm selbst mit zündender Begeisterung vorgetragen: Nun thuet auf die Herzen und die Hände! — Nicht sollt ihr geben feige Müleidspende, Weil euch die Augen und die Herzen Beim Anblick fremden Elend- schmerzen ; Nicht sollt auS eure- UeberflusseS Segen Ein Scherflein am Altar ihr niederlegen, AuS Frömmigkeit um GotteSwillen Ein wenig menschlich Lew zu stillen. Alle- hat seine Zeit -, in diesen Tagen Da sollen höher unsre Herzen schlagen Al- in so sanften, milden Wellen: Begeiferung soll die Brust unS schwellen! — DaS Vaterland ist in Gefahr! Ihr Bürger, ES tobt der Krieg durchs Land, der blunge Würger, Bor seiner Sense scharfen Schlägen Die Aehren sich zu Boden legen. Die Aehren, die zum Boden sinken nieder, Sind unsre eignen Söhne, unsre Brüder! Und all va- Blut, das schon geflossen, Ist unser Blut, für «n- vergossen — Man sagt: das edle Roß erhebt sich bäumend Und stürmt hinaus, vor Kampfbegierde schäumend, Sobald die Kriegsdrommeten schmettern, Dahin, wo Blitz und Donner wettern. So stürmen Deutschlands ritterliche Streiter Zur Wahlstatt hin, die breiter wird und weiter, Je mehr zum Kampf sich Helden stellen, Je höher Kriegeswogen schwellen. Das ist kein Krieg, wie andre Völker schlagen, Nicht gilt es Ruhm und Beute zu erjagen; -Wo Deutsche mit einander ringen, Da streben sie nach höhern Dingen. » ES gilt dem ganzen heiligen Vaterlande, Wie'S zu erlösen von dem Zauberbande, Das dumpf danieder hält sein Streben Zu voller Größe sich zu heben. Ein GotteSurtel soll der Kampf unS bringen, Den Weg unS zeigen wie es mag gelingen, Glorreicher Zukunft goldne Zeiten Dem Vaterlande zu bereiten. Wir kämpfen voller Gluth und voller Eifer, Doch ohne Zorneswuth und HasseSgeifer, Denn der Besiegte wie der Sieger Sind Brüder, Eines Landes Krieger. Doch hoch auflodern deutsche« Zornes Flammen, In Einer Lohe schlagen sie zusammen, Wagt es der Fremde unS zu necken, Nach deutschem Land die Hand zu strecken! — Drum Brüder, Schwestern, laßt begeistert schlage» Die Herzen auch in diesen düstern Tagen, Laßt über unfern Zwist uns reichen Die Hand als treuer Liebe Zeichen. Dem Vaterlande bringt die Ehrengabe, Mit euren Brüdern theilet eure Habe, Mit Denen, welche Blut und Leben Für'S Vaterland dahingegeben. Im deutschen Land soll's geben keine Wunden, Die treue Liebe sorglich nicht verbunden, Soll'S geben Witwen nicht noch Waisen, Die nicht der Liebe Treue preisen. Weit thuet auf die Herzen und die Hände, Begeistert bringe jeder seine Spende, Auf daß in unserm heiligen Kriege Für'S Vaterland — die Liebe siege! — Zweiter Theil: „Der Gondelfahrer", Lied mit Orchesterbeglei tung von Franz Schubert, gesungen von den Paulin ern (mußte auf stürmischen cka eapo-Ruf wiederholt werden). Violinconcert von Lipinsky, vorgetragen von Herrn Hermann Brand, eine in der That eminente Leistung. Lied von Kücken, gesungen von Herrn Rafal S ky. Oboe- Concert, vorgetragen von Herrn Uschmann (neuevgaairteS Mitglied deS StadttheaterorchesterS). Solostücke von Heller unv Richter für Pianoforte, vorgetragen von Herrn v. Inten. Zwei Gedichte von HanS Marbach (Mitglied des Verein-), ge sprochen von Herrn Hehler. Schlußlied, von den Paulin ern gesungen. -- Ein durch geistvolle Vorträge gewürztes geselliges Zusammensein, wobei auch die herrlichen Blüthner'schen Flügel noch einmal erklangen, beschloß den schönen Festabend. verschiedenes. (Vom K*ieg.) Wir haben berichtet, daß di« Preußen bis Lundenburg vorgerückt waren und daß sie Prera« besetzt haben. Damit ist die Verbindung mit der Festung Olmütz abgeschuitten und Lundenburg selbst hat seine Bedeutung verloren. Die frühere österreichische Besatzung deS letzter« OrteS, die Cavallerie-Division