18 bereitungsprozesse, die sich sonst im Schleier unklarer Traditionen der Kritik entziehen, bequem und deutlich zu erschauen. Seit Humboldt's Wanderungen hat sich in unserer Zeit der Eisen bahnen und Telegraphen diese Rapidität der Volksgestaltungen noch in ge waltigen Progressionen vermehrt. In der kürzlich geschriebenen Chronik von San Francisco liegt das Jahr 1848, das der Gründung der Stadt, bereits im Dichterlande legendenhaften Halbdunkels, die Hinterwäldler ver wandeln rasch die ersten Pioniere in mythische Sagenfiguren der Ansied lung, wie die Mormonen ihren kaum gestorbenen Stifter' zum Halbgott erheben, und in Australiens Victoria oder in Neuseeland bewohnen volk reiche Palast-Städte, in denen sich Hunderttausende von Einwohnern drän gen, dieselben Hirten, die als Jünglinge aus dortiger Stätte ihre Heerden in öder Einsamkeit geweidet oder betriebsamen Kaufleute, die bis vor Kurzem jene Küste und ihre wilden Troglodyten, als eine unwirthbare mieden. In der Gabelung des Orinoko sah Humboldt die Vorbedingungen eines für Kulturgärten geeigneten Mesopotamien, in den die Syenitschichten durchbrechenden Katarakten am Atures und Maypures eine Analogie zum Nilstrom, dessen periodisches Schwellen und Sinken sich im Delta des Orinoko wiederholt. Auf den Llanos bot sich Humboldt's umfassendem Wissen in der Zusammenstellung amerikanischer Savannen oder Prairien mit afrikanischen Wüsten und asiatischen Steppen die weitere Vergleichung schweifender Nomadenvölker und die Abhängigkeit des Menschen von seiner Umgebung, wie er sie dann wieder unter den Indianern in ihren dichten Urwäldern nachweist, und bei den auf freier Bergeshöhe gegründeten Staaten, in denen die Civilisation und die Kultur der Künste ihren Sitz aufschlug. Die methodische Anbahnung der Ethnologie als comparative Hülfswissenschaft und historische Entwickelungsgeschichte ist das Verdienst Humboldt's. Er erkannte in ihren Thatsachen die Materialien zu einer Philosophie der Geschichte, u l'stuäo xbälosoxUicius äs l'iiistoirs, und stellt sie in solcher Hinsicht den Werken klassischer Kunst gegenüber, die sich in Gewährung ästhetischen Genusses weniger an den Verstand als an die Gefühle wenden. Für naturwissenschaftliche Anschauungsweise ist eine Geschichte, die ihrer geographische Grundlage entbehrt, eine von ihren natürlichen Wurzeln ab gerissene Topfpflanze der Studirstube, der Tummelplatz geistreicher Sophiste-