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Dieser Preisaufgabe des Lebens zu genügen, sind dem Menschen zwei Kleinodien gegeben, in den Schutzengeln des Lebens, in Religion und Wissenschaft, beide unauflöslich als Zwillingsschwestern verbunden, wenn auch durch mißverstandenen Eifer häufig auseinander gezerrt. Die Pro pheten, die diese Schätze hüten, reden in vorausdeutenden Symbolen im Zeitalter des Glaubens, sie reden die Sprache scharf gezeichneter Wissens formeln, soweit der Forschung aufsteigende Sonne das Traumland des Ahnens durchdringt und sein schwankenden Schatten aufzuerhellen ver mag. Der Vertreter unserer Zeitepoche ist Alexander von Humboldt, der auf der breiten Unterlage vergleichender Wissenschaften ein festes und sicheres Fundament gelegt hat, um den Tempel des harmonischen Kosmos inductiv zu erbauen.. Humboldt's Werth ist verschiedentlich abgeschätzt, und die Lobprei sungen enthusiastischer Verehrer haben mitunter Widerspruch hervorgerufen in Andern, die mancherlei Mängel an ihm zu entdecken glaubten. Gewiß werden solche nichts fehlen, wenn man danach umherspäht, aber warum Flecken suchen, wo des Edlen und Erhabenen so Vieles die Aufmerksamkeit fesselt? Unserer kritischen Zeit ist der Heroenkultus fremd geworden; gar manchen Heiligen hat sie gezwungen, von seinem hohen Piedestal, das kaum de- müthigen Fußkuß erlaubte, hernieder zu steigen, und ihm den erborgten Glorienschein entzogen. Die wahren Förderer des Culturlebens dagegen, denen strenge Prüfung solch' hohen Titel zuerkennt, überschreiten dadurch die Schwelle nationaler Walhalla, um in dem Kreise der Genossen ihren Sitz zu nehmen, und für sie, die Menschen bleiben wie wir, wird unsere Hochachtung nicht geschmälert durch menschliche Schwächen, das Erbtheil des Irdischen. Die Helden vom Geist, die als Leitsterne in der Ge schichte des Menschengeschlechtes glänzen, wurzeln auf einem historisch vor bereiteten Boden, und die Persönlichkeit Ihres Selbst ist so innig mit den umgebenden Constellationen verwachsen, die sie bedingt und bestimmt, daß die Lösung dieser Flechtung nur selten gelingt, denn ein prophetischer Seher ist stets eben so sehr das Erzengniß seiner Zeit, wie er seinerseits wieder auf diese Zeit weiterzeugend einwirkt. Immer jedoch vereinigen wir gerne im Preise ihres Namens die unvergänglichen Schätze, mit denen sie durch Gunst ihres Geschickes die dankbare Nachwelt beschenkten. Seit frühester Jugend im innigen Verein mit seinem Bruder Wil helm ganz ihren Lieblingsstudien hingegeben, sah sich Alexander von