6i Beobachtungen über den ewigen Schnee erft in die Jahre 1816 bis 1819. Webb fand im Sommer 1817 den Pafs von Niti, unter 31 0 N. B., in 5077 m Höhe völlig fchneefrei und fah nördlich diefes Paffes in 4550 m Höhe, an den Ufern des Sudletfch, eine üppige Vegetation von Pappeln, Tamarisken, fowie auch Weizenfelder, während er auf dem Südabhang Viehweiden und Pflanzenwuchs etwa bis zu 3860 m antraf. Er erkannte alfo einmal, dafs fleh die Region des ewigen Schnees am füdlichen Abhang des Himalaya weit tiefer herabfenken müffe als am nördlichen und ferner, dafs fie an dem letzteren eine bedeutend gröfsere Höhe erreiche als unter dem Aequator. Diefe Wahr nehmung, die ja allen bisher feftgehaltenen Anfchauungen über den Verlauf der Schneelinie direkt widerfprach, erregte in da maliger Zeit das gröfste Auffehen und die Genauigkeit von Webb’s Meffungen wurde von feinen Landsleuten vielfach angezweifelt. A. v. Humboldt war es, der diefe fpannende Streitfrage zu Gunften Webb’s entfehied, der die volle Gültig keit feiner Unterfuchungen fchlagend bewies. Die Entdeckung Webb’s ift alfo von fundamentaler Be deutung für die gefchichtliche Entwickelung des Begriffs der Schneegrenze, da fie vor allem die Anregung für Humboldt bot, fleh unterer Frage anzunehmen, und fo die unmittelbare Ver- anlaffung war zu feiner erften ausführlichen Abhandlung über die Grenze des ewigen Schnees, die in den „Annales de Chimie et de Physique“ des Jahres 1820 enthalten ift. Wir dürfen mit diefem Jahr ohne Bedenken die hiftorifche Ueberficht über die verfchiedenen Aufladungen von der Schneegrenze abfchliefsen, da das Problem feit Humboldt keine weitere Fortbildung er fahren hat. Humboldt’s Hauptverdienft um die Entwickelung der Schneegrenze beruht wohl unftreitig darin, dafs er den eigen tümlichen complicirten Charakter unteres Problems erkannte, was aus den Worten hervorgeht: 1 ) „Aucun des phenomönes qui ont rapport ä la distribution de la chaleur sur le globe n’est plus complique, on pourrait dire plus d6pendant de la localite que le phenomene des neiges perpetuelles.“ Zu diefer Erkenntnifs konnten aber die bisherigen Anfchauungen von der Schneegrenze niemals führen. An Stelle der rein phyfikalifchen Betrachtung, die aus der allgemeinen Hypothefe den einzelnen Fall berechnete, trat nunmehr die vergleichende geographifche, welche induktiv aus einer Summe direkt beobachteter Fälle das Gefetzmäfsige in der Erfcheinung feftzuftellen, aber gleichzeitig auch die wahrgenommenen Anomalien auf ihre Urfachen zurück zuführen ftrebte. ■) Annales de Chimie et de Physique 1820, T. XIV, S. 18.