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43 fuchungen Ramond’s über die Gletfcher der Pyrenäen, fowie durch die Parallele, die derfelbe zwilchen den Schnee- und Eis- verhältniffen der Pyrenäen und denen der Alpen zog. Obwohl Jurift und Diplomat von Beruf, nimmt er doch in der Reihe der Phyfiker und Naturforfcher des vorigen Jahrhunderts eine hervorragende Stellung ein. Wir verdanken ihm die erften forgfältigen Unterfuchungen über die phyfikalifche Geographie der Pyrenäen und wir bewundern feine fcharfen Beobachtungen nicht minder als feine geiftvolle, poetifche Naturfchilderung. Mit vollem Recht urtheilt wohl Cuvier über ihn 1 ): „Ramond c’est le Saussure des Pyrenees, aussi fidele observateur, aussi rigoureux que l’illustre Genevois, moins simple dans l’expose des grands spectacles, mais plus emu, plus colore, anime d’une sensibilite plus poetique et doue d’une imagination qui, loin de l’egarer comme tant d’autres ne fait que rendre le vrai avec plus de vie.“ Die Kenntniffe, die er über die Gletfcher der Alpen auf feinen Bergtouren gefammelt hatte, offenbarte er in den Zu- latzen feiner franzöfifchen Ueberfetzung von Coxe's „Sketchjes of the natural civil and political state of Switzerland“, welche er 1782 unter dem Titel „Lettres de W. Coxe ä W. Melmoth sur l’etat politique civil et naturel de la Suisse“ herausgab. Geftützt auf die Erfahrungen über das Gletfcherphaenomen in den Alpen, trat er bald darauf 1789 an die Unterfuchung der Eisverhältniffe in den Pyrenäen heran, deren Ergebnifs unfer volles Intereffe verdient. Die auffallende Thatfache, dafs die Alpen hinfichtlich der Gletfcherbildung die Pyrenäen weit übertreffen, obwohl die Höhe beider Gebirge nur um 700 T. (1360 m), die geogra- phifche Breite um 3 1 / 2 ° abweicht, bildet den Ausgangspunkt von Ramonds Erörterungen, die uns in den ,.Observations faites dans les Pyrenees pour servir de suite ä des observations sur les Alpes“ vorliegen. Die Erklärung, die er für diefe eigen- thümliche Erfcheinung zu geben verfuchte, erfordert, dafs wir zunächft feinen Begriff der Eiszone kennen lernen, deren untere Grenze fich als identifch erweift mit der Schneegrenze. Ramond ftellt folgende Betrachtung an 3 ): Schnee kann fich im Gebirge nur da in Eis verwandeln, wo das Aufthauen zwar lange genug dauert, um die ganze untere Schneemaffe mit Waffer zu erfüllen, aber nicht fo lange, dafs es im Stande wäre, ihn ganz zu fchmelzen. Dies ift nur in einer beftimmten Region der Luft möglich, wo es einerfeits in Folge der Höhe noch friert, wo aber andererfeits der Wechfel der Jahreszeiten fich fchon fühl bar macht. In der Luft betrachtet, würde diefe Region nur *) Ste.-Beuve: Causeries du lundi. Paris 1857. T. I, S. 362. 2 ) Ramond: Observ. faites dans les Pyrendes, 1789. chap. XIV. S. 289 ff.