Volltext Seite (XML)
42 Verhältniffe, durch die Geftalt eines Berges, feine Lage in Bezug auf feine Umgebung, kurz durch den geographifchen Charakter eines Gebirges. Ift nun fchon diefe Erkenntnifs als ein Fortfehritt in der begrifflichen Entwickelung der Schneegrenze anzufehen, fo miiffen wir doch weit mehr Gewicht noch auf die Anficht de Saussure’s legen, dafs Schneegrenze und Froftgrenze in der Natur keineswegs identifch feien. Konnte er doch, geftützt auf zahlreiche Temperaturbeobachtungen, die er auf Schneegipfeln anftellte, direkt auf die grofsen Gegenlatze zwifchen beiden Begriffen hinweifen und vor allem zeigen, dafs da, wo der ewige Schnee beginne, keinesfalls ftets eine Temperatur von O 0 herrfche. So fand er auf dem Gipfel des Buet, der die Schneegrenze um wenigftens ioo T. (195 m) überragt, am 26. Auguft 1776 eine Temperatur von -4 1.5 0 R. (1,9° C.), am 13. Juli 1778 aber von -|- 9,8° R. (12,25° C.). Der Aetna hatte am 5. Juni, 7. 20 morgens, -f 5 0 R. (6,25° C.). Auf dem Gipfel des M. Velan, wenigftens 300 T. (585 m) oberhalb der Schneegrenze, herrfchte am 31. Auguft 1779 eine Temperatur von + 3,5° R. (4,4° C.). Suchen wir nun zum Schluffe die Verdienfte, die fich de Saussure um das Problem der Schneegrenze erwarb, noch ein mal kurz zu überblicken, fo tritt uns vor allem feine von früheren Anfchauungen abweichende Auffaffung des Begriffs entgegen. Er giebt zwar keine Definition, doch fpricht fich in der Um- fchreibung des Bouguer’fchen Ausdrucks „terme inferieur con- stant de la neige“ durch „la hauteur ä laquelle cesse la fonte des neiges“ vielleicht fchon ein tieferer Unterfchied aus. Aus gehend von einer forgfältigen Betrachtung der Natur, befonders auch in Höhen, wo vorher nicht beobachtet worden war, ftützte er feine Anfichten über das Wefen der Schneegrenze nur auf exakte Meffungen ihrer Höhe und drängte fo die rein theo- retifche Behandlung unferer Frage mehr und mehr in den Hinter grund. Seine hervorragende Kenntnifs der phyfikalifchen Eigen- fchaften des Schnees fowie der Gletfcher trug nicht wenig dazu bei, die grofsen Irrthümer, die dem Studium der Schneegrenze aus der Verwechfelung der Begriffe Firn und Gletfcher er- wuchfen, ai.fzudecken und zu beseitigen. Und endlich trat er der irrigen Annahme einer Identität von Schneegrenze und Froftgrenze auf Zahlen geftützt direkt entgegen und erweiterte den klimatifchen Faktor der Schneegrenze unter Hinweis auf die beträchtlichen Modifikationen, die die Temperaturabnahme im Gebirge durch lokale, orographifche Einflüffe erleidet. Das Wiffen über die Schneegrenze erfuhr in demfelben Jahrzehnt eine wefentliche Bereicherung durch die Unter-