IV. Sorgfalt des Staats für das negative Wohl der Bürger, für ihre Sicherheit äre es mit dem Übel, welches die Begierde der Men- 'W schen, immer über die ihnen rechtmäßig gezogenen Schranken in daS Gebiet andrer einzugreifen*), und die daraus entspringende Zwietracht stiftet, wie mit den physischen Übeln der Natur, und denjenigen, diesen hierin wenigstens gleichkommenden moralischen, welche durch Übermaß des GenießenS oder Entbehren-, oder durch andere, mit den notwendigen Bedingungen der Erhaltung nicht überein stimmende Handlungen auf eigne Zerstörung hinauslaufen, so wäre schlechterdings keine Staatsvereinigung notwendig. Jenen würde der Mut, die Klugheit und Vorsicht der Menschen, diesen die durch Erfahrung belehrte Weisheit von selbst steuern, und wenigstens ist in beiden mit dem gehobenen Übel immer ein Kampf beendigt. Es ist daher keine letzte, widerspruchlose Macht notwendig, welche doch im eigentlichsten Verstände den Begriff des Staats auS- macht. Ganz anders aber verhält eS sich mit den Uneinig keiten der Menschen, und sie erfordern allemal schlechterdings eine solche eben beschriebene Gewalt. Denn bei der Zwietracht entstehen Kämpfe aus Kämpfen. Die Beleidi gung fordert Rache, und die Rache ist eine neue Be leidigung. Hier muß man also auf eine Rache zurück- *) WaS ich hier umschreibe, bezeichnen die Griechen mit dem einzigen Worte nXeovr?«», für daS ich aber in keiner andern Sprache ein völlig gleichbedeutendes finde. Indes ließe sich viel leicht im Deutschen: Begierde nach mehr sagen; obgleich dies nicht zugleich die Idee der Unrechtmäßigkeit andeutet, welche in dem griechischen Ausdruck, wenngleich nicht dem Wortsinne, aber doch (soviel mir wenigstens vorgekommen ist) dem beständigen Ge brauch der Schriftsteller nach, liegt. Passender, obgleich wenigstens dem Sprachgebrauche nach, wohl auch nicht von völlig gleichem Umfang möchte noch Übervorteilung sein. S8