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553Y Uebrigens wird bemerkt, daß der gefundene Leichnam in einem GewKbe unter dem Rathhaufe, zu welchem der Herr Graf von Hardenberg den Schlüffe! in Händm hat, aufbewahrt wird. Nachrichtlich. (Unterschrift des Protokollanten.) — Fernere Ver handlung, Seiten deS Stadtrathrs: Leipzig, den 25. Oktober 1813. Erscheint Johann Christian Ludwig Friedrich, Bürger und Fischermeister allhier an Gerichts stelle und giebt auf Befragen — — zu vernehmen. Auf das Gerücht, daß bei der am 19. buju3 erfolgten Einnahme der Stadt Leipzig durch die vereinigte Kaiserl. Russische und Oesterreichische, ingleichen König!. Preußische und Schwedische Armee der Fürst und Französische Marschall Poniatowski auf der Flucht in der Elster ertrunken sei, habe er mit einigen Mltmeiftern und seinen Gesellen vorerwähnten Fluß sorgfältig durchsuchet, um wo möglich den Leichnam aufzufinden. Gestern Nachmittags gegen 4 Uhr sei von ihm, ingleichen Johann Christian Meißner«, Johann Adam Volker und Christian Benjamin Peußern, sämmtlich Fischermeister allhier, ingleichen dem Gesellen Johann Karl Reicherten, ungefähr dreihundert Schritte von dem in dem Richterschen Garten ge legenen sogenannten Japanischen Häuschen und zwar nach der Stadt zu der Leichnam eines mit der französischen Generals- Uniform, einem Orden und zwei Sternen bekleideten Mannes gefunden worden. Diesen Leichnam, welcher von ihnen sogleich für den des Fürsten Poniatowski Erl. gehalten worden sei, hätten sie in Johann Meißner- Stube geschafft, woselbst mehrere herzu- aekommene polnische Ofsiciere denselben für den Sr. Erlaucht des Fürsten Poniatowski erkannt hätten. Der Vorgefundene Orden, der Degen und die EpaulettS des Verstorbenen wären Sr. Erlaucht dem Herrn Fürsten Repnin übersendet worden. Auf Vorlesen rc. — uts. (Folgen die Unterschriften.) Drittes Aktenstück: Leipzig, den 25. Oktober 1813. — Auf die von Sr. Excellenz Herrn Grafen von Hardenberg, als Kö niglich Preuß. Commandanten der Stadt Leipzig, gegebene Ver anlassung hat von Seiten E- E. Hochw. Raths dieser Stadt Herr Leu. v. Johann Christoph Kind, ingleichen endesunterzeich- neter Gerichts-Notar (Haensel), nebst dem vereideten französischen Dolmetscher, Herrn Steuereinnehmer August Wichmann, in das unter dem Rathhause nach dem Naschmarkt gelegene Gewölbe*), welches Se. Excellenz Herr Graf von Hardenberg mittelst des in seinen Händen befindlichen Schlüssels eröffnet?, sich verfüget, wo selbst Se. Excellenz Herr Graf von Hardenberg, ingleichen Herr Ludwig Kaminietzki, Herr Alexander Rosnietzki, Herr Isidor Kra- sinski, sämmtlich Divisionsgenerale der polnischen Truppen, ferner Herr Stephan Graf Grabowski, Herr Johann Uminski, Gene rale derselben Truppen, sich einfanden. In diesem Gewölbe fand sich ein männlicher Leichnam mit der französischen Uniform be kleidet im Sarge liegend, welchen die vorbenannten Herren Gene rale für den Leichnam Sr. Erlaucht des Herrn Fürsten Poniatowski, KriegSminifters, Commandanten der polnischen Truppen und Mar schaus von Frankreich, auf Beaugenscheinigung desselben einstimmig erkannten. Auf Vorlesen haben sämmtliche Interessenten gegen wärtiges Protokoll mit der Bemerkung genehmigt, daß die Uni form, mit welcher der Leichnam bekleidet sei, nicht französische, sondern polnische Uniform sei. — uts. (Folgen die Unter schriften.) 7k. *) TS ist dies, wie ebenfalls bei den Acten constatirt ist, das zweite vom Ausgange des RathhauseS durch die kleine Thür auf den Naschmarkt rechter Hand nach der Grimma'schen Straße zu, nächst der Leichenschreiberei befindliche Gewölbe. Zu seiner Zeit hatte es der Messerschmied Löwe in Miethe. Lin Unfug. Wohl kaum in einer Stadt Deutschlands ist der Unfug, die Häuser, Mauern, Planken und Stackete zu verunreinigen, so all gemein als in unserm Leipzig. Kaum hat ein Hausbesitzer sein HauS neu abputzen und adfärben, die Stackete u. s. w. frisch streichen lassen, so ist schon nach wenigen Tagen Alles auf die abscheulichste Art beschmuzt und mit allerhand Farben auf die schmachvollste Weise beschmiert. Dies geschieht fast ausschließlich durch Schulknaben. Es wäre daher wohl wünschenswerth, daß Aeltern und Lehrer die Kinder auf das Strengste ermahnten, sich dergleichen Verunreinigungen nicht zu Schulden kommen zu lassen und auch in solcher Weise fremdes Eigenthum zu achten. Stadtrathwahl. Leipzig, den 28. Oktober. Die in Folge zweimal ver sagter Bestätigung von den Stadtverordneten auf den Rath über gegangene Wahl eine- Stadtrathes auf Zeit ist ln dem vorgestri gen Rathsplenum vorgenommen worden und auf den Kaufmann Eduard Sander gefallen. Dem Vernehmen nach hat sich der Gewählte bereit erklärt, das ihm zugedachte Ehrmamt zu über nehmen. Oeffentltche Gerichtssitzung. In der am 28. d. M. unter Vorsitz des Herrn GerichtSrath Wichmann abgehaltenen Hauptver Handlung erschein als Angeklagter der erst zwanzig Jahre alte HandlungsrommiS Earl August Louis Lossius aus Rocylitz, ein arbeitsscheuer Mensch, der sich im ver flossenen Sommer überall arbeitslos umherqetrieben und nur durch Betteln, Betrug und Diebstahl sich seinen Unterhalt verschafft hatte. Im Monat Juli kam Lossius nach Dommihsch und blieb zwei Tage und Nächte im dortigen Gafthof, indem er vorgab, daß er Verwandte in Torgau besuchen und bei dieser Gelegenheit sich die dortige Gegend besehen wolle. Als er aber seine Zeche z^m Betrage von 29 ysgx. 5 Pf. bezahlen sqflte, ftbste das Geld. Der Wirth ließ ihn zwar auf fein Versprechen, daß er von Tor gau aus dasselbe einsenden werde, weiter ziehen, allein er wartete nicht nur vergeblich hierauf, sondern mußte auch später die uner freuliche Entdeckung machen, daß Lossius ihm eine an der Wand in der Gaststube dahängende Taschenuhr zum Werth von 4 Thlr. entwendet und mit fortgenommen hatte. Von Dommitzsch hatte der Angeklagte seinen Weg nach Schmie deberg genommen und hier dem Schießhauswirthe aus einer an der Wand in der Gaststube dahängenden Weste eine auf 8 Thlr. taxirte Uhr nebst einer für einen Louisdor erkauften Kette gestohlen. Hierauf richtete Lossius sein Ziel nach Leipzig; unterwegs traf er mit einem auf der Wanderschaft begriffenen böhmischen Weber- gesellen zusammen und wußte durch allerlei Vorspiegelungen und unwahre Erzählungen, wie namentlich daß er von Buttler heiße, daß sein Vater ein vensionirter Oberst zu Rochlitz sei und große Güter besitze, daS Vertrauen seines Reisegefährten sich zu er schleichen, lediglich um es zu mißbrauchen und darauf hin Jenen zu betrügen und zu bestehlen. Lossius lieh sich zunächst von jenem Webergesellen eine öster reichische Fünfguldennote, gleich in der Absicht sie ihm nicht wieder zu geben, sondern sich gelegentlich heimlich damit zu entfernen, sodann in Eutritzsch angekommen, bis wohin er aus „Gefällig keit" seinem Reisegefährten die Reisetasche getragen, stahl er, als dieser sich auf kurze Zeit aus dem Gafthofe, wo sie eingekehrt, entfernt hatte, eine Brieftasche mit einem Aebnguldenschein, über gab dem Webergesellen nach dessen Wiedereintritt die so beraubte Reisetasche und machte sich dann heimlich aus dem Staube. In Leipzig, wo er hierauf auf der Gerbergasse in einer Wirt schaft einkehrte, stahl er dem Wirthe, der sich auf kurze Zeit aus der Gaststube entfernt hatte, eine an der Wand dahängende, auf 19 Thlr. taxirte Uhr nebst goldener Uhrkette. Die Uhr versetzte er in Merseburg, wohin er sich begeben, für 2 Thlr., fälschte den darüber erhaltenen Pfandschein, indem er, um der Uhr dadurch einen höher« Werth zu geben, die Thalerzahl zwei in drei ab änderte und verpfändete den Pfandschein dann an einen Wagen schieber in Halle für 3 Thlr., so daß er sich dadurch eines Be trugs wider letzteren schuldig machte. Endlich hatte LossiuS sich behufs seiner Legitimation auch ein ConditionSattest auf den Namen Holtzendorfs gefälscht und davon in einem Gasthofe zu Naumburg Gebrauch gemacht. Der Gerichtshof verurteilte LossiuS, welcher schon früher bestraft war, zu 1 Jahr und 4 Mo naten Arbeitshaus. Die Anklage war durch Herrn Staatsanwalt Barth vertreten, eine Verteidigung fand nicht statt. Verschiedenes Franz Schuberts einaktige Oper „Die Verschworenen" wurde am 19. im Hof-Operntheater zu Wien mit ungemeinem Erfolg zum erstenmal aufgeführt. Ein sonderbares Schicksal, daß das reizende Werk eines unserer genialsten Componisten über vierzig Jahre lang gänzlich unbekannt blieb, und jetzt erst seine theatra lische Laufbahn beginnt. Castelli's etwas veraltetes und geschwätzi ges Libretto, d e „Verschworenen",'von unserer antidiluvianischen Censurbehörde seiner Zeit mit dem schuldloseren Titel „Der häus liche Krieg" geschmückt — ist der „Lisystrata" deS AristophaneS nachgebildet Die sehr einfache Jntrigue beruht auf einer Ver schwörung der Ritterfrauen, ihre aus dem Kreuzzug helmkehrenden Männer durch spröde- Begegnen zu reizen und von künftiger län gerer Entfernung abzuhalten. Die Ritter kommen jedoch den Frauen mit der gleichen List zuvor, die weibliche Verschwörung geräth in Schwanken und der Zwist endet mit allsettiger Versöh nung. — Castelli bleibt daS schöne Verdienst, durch seinen Text Schubert zu einer Musik angeregt zu haben, welche noch unsere Enkel erfreuen wird, nachdem die Väter sie verschlafen. Auf dieser Musik liegt ein wunderbarer Schmelz, der ganze morgenfrische Hauch der Jugend, ein heitere-, glückliche- Behagen, das an den jungen Mozart erinnert. Welcher Krösus, der solchen Melodien- Reichthum über ein kleine- Sin. spiel ausströmen konnte, das er dann, unbekümmert um dessen Aufführung, zeitlebens liegen ließ! Der Grundton de- Ganzen ist eine gemüthlich gefärbte, ritterliche eiterkelt. Sie erhebt sich in den Chören — der bedeutendsten artie der Oper — zu festlich,m Glanz, vertieft sich in den Liebes-