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56 die allgemeinen Angelegenheiten des Saates nur also gesichtete, einander schon näher getretene, aus dem Leben der Nation selbst gewonnene, und mithin wahrhaft praktische Vorschläge gebracht werden. Es kommt nicht bloß auf die Einrichtung von Wahlversammlungen und berathenden Kam mern, es kommt auf die ganze politische Organisation des Volkes selbst an. §- 17- Dem natürlichen Gange der Dinge nach wird bei Ständen das Prinzip der Erhaltung, bei der Regierung das Bestreben der Verbesserung vorwaltend sein, da es immer schwer hält, daß das sich kreuzende Inter esse der Einzelnen über eine Veränderung zum Schlüsse komme, und rein theoretische Grundsätze bei Staatsbeamten mehr Eingang finden. Wenir sich in neueren Zeiten oft das Gegentheil gezeigt hat, und die gewaltsam sten Neuerungen gerade von der Volksbehörde ausgegangen sind, so hat dies nur daran gelegen, daß entweder sehr große Mißbräuche, die laut um Abhülfe schrien, vorhanden waren, oder daß die Volksbehörden nicht so gewählt und so gestellt waren, daß das eigentliche bürgerliche Interesse der verschiedenen Gemeinheiten der Staatsbewohner in ihnen ihr wahrhaftes Organ fand. Stände, auf die oben gezeigte Weise eingerichtet, können nicht anders, als erhaltend wirken, es müßte denn die nothwendige Hin wegräumung wahrer Mißbräuche anfangs einiges Schwanken verursachen. Erhaltung aber muß immer der erste und hauptsächlichste Zweck aller poli tischen Maßregeln bleiben. §- 18. Es ist eine alte und weise Maxime, daß neue Maßregeln und Ein richtungen im Staate an schon vorhandene geknüpft werden müssen, damit sie, als heimisch und vaterländisch, im Boden Wurzel fasten können. §- 19. Nun zeigt sich zwischen den vor der französischen Revolution in den meisten europäischen Staaten bestandenen Verfassungen und den neuerlich gebildeten ein merkwürdiger Unterschied. Die ersten, die man mit größerer oder geringerer Beimischung von Lehnsinstituten, ständische nennen kann, waren aus mehreren, ehemals fast selbstständig gewesenen kleinen politischen Ganzen zusammengesetzt, die sich bald mit Aufopferung gewisser Rechte, an größere Ganze freiwillig angeschlossen hatten, theils mit Beibehaltung gewisser Rechte, zusammengegossen worden waren. Die neuesten hatten im Grunde (außer der äußeren Form der englischen, da das innere Wesen derselben nachzuahmen unmöglich ist) die amerikanische, die gar nichts AlteS vorfand, und die französische, die alles Alte zertrümmerte, zum Muster. §- 20. Dieser Typus darf, wenn man den Bürgersinn wahrhaft beleben und erwecken will, nicht angewendet werden, und er ist in Deutschland nicht erforderlich, da noch viel Altes erhalten ist, was nicht umgestoßen zu wer den braucht, selbst nicht ohne zugleich viel tüchtigen, sittlichen Sinn zu vernichten, umgestoßen werden kann. Was gerade davon beinhalten wer den soll, muß in jedem einzelnen Falle bestimmt werden. Allein so viel läßt sich überhaupt mit Sicherheit angcben, daß der Sinn jener Verfassungen im Allgemeinen nicht bloß erhalten, sondern recht eigentlich wiederhergestellt