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25 demselben überhaupt Einschränkung und Freiheit ist. Erst, wann dies geschehen ist, dürfte sich die Befugniß des Staates, auf die Sitten der Bürger positiv zu wirken, in der höchsten Allgemeinheit beurtheilen, und damit dieser Theil der Auflösung der vorgelegten Frage beschließen lassen. Die sinnlichen Empfindungen, Neigungen und Leidenschaften find diejenigen, welche sich zuerst und in den heftigsten Aeußcrungen im Men schen zeigen. Wo sie, ehe noch Kultur sie verfeinert, oder der Energie der Seele eine andere Richtung gegeben hat, schweigen; da ist auch alle Kraft erstorben, und es kann nie etwas Gutes und Großes gedeihen. Sie sind es gleichsam, welche wenigstens zuerst der Seele eine belebende Wärme einhauchen, zuerst zu einer eigenen Thätigkeit anspornen. Sie bringen Leben und Strebekraft in dieselbe: unbefriedigt, machen sie thätig, zu An legung von Planen erfindsam, muthig zur Ausübung; befriedigt, befördern sie ein leichtes ungehindertes Jdeenspiel. Ueberhaupt bringen sie alle Vor stellungen in größere und mannichfaltigere Bewegung, zeigen neue Aus sichten, führen auf neue, vorher unbemerkt gebliebene Seiten; ungerechnet, wie die verschiedene Art ihrer Befriedigung auf den Körper und die Orga nisation, und diese wieder — auf eine Weise, die uns freilich nur in den Resultaten sichtbar wird — auf die Seele zurück wirkt. Jndeß ist ihr Einfluß in der Jntension, wie in der Art des Wirkens, verschieden. Dies beruht theils auf ihrer Stärke oder Schwäche, theils aber auch — wenn ich mich so ausdrücken darf — auf ihrer Verwandt schaft mit den unsinnlichen, auf der größeren oder minderen Leichtigkeit, sie von thierischen Genüssen zu menschlichen Freuden zu erheben. So leiht das Auge der Materie seiner Empfindung die für uns so genußreiche und ideenfruchtbare Form der Gestalt; so das Ohr die der verhältnißmäßigen Zeitsolge der Töne. — lieber die verschiedene Natur dieser Empfindungen und die Art ihrer Wirkung ließe sich vielleicht viel Schönes und manches Neue sagen, wozu aber schon hier nicht einmal der Ort ist. Nur eine Bemerkung über ihren verschiedenen Nutzen zur Bildung der Seele. Das Auge, wenn ich so sagen darf, liefert dem Verstände einen mehr vorbereiteten Stoff; das Innere des Menschen wird uns gleichsam mit seiner, und der übrigen immer in unserer Phantasie auf ihn bezogenen Dinge, Gestalt bestimmt und in einem einzelnen Zustande gegeben. Das Ohr, bloß als Sinn betrachtet, und insofern es nicht Worte aufnimmt, gewährt eine bei weitem geringere Bestimmtheit. Darum räumt auch Kant den bildenden Künsten den Vorzug vor der Musik ein. Allein, er bemerkt sehr richtig, daß diese Bestimmung zum Maaßstabe die Kultur voraussetzt, welche sie dem Gemüthe verschaffen; und ich möchte hinzusetzen, welche sie ihm unmittelbar verschaffen. Es fragt sich indeß, ob dies der richtige Maaßstab sei. Meiner Idee nach ist Energie die erste und einzige Tugend des Menschen. Was seine Energie erhöht, ist mehr Werth, als was ihm nur Stoff zur Energie an die Hand giebt. Wie nun aber der Mensch auf Einmal nur Eine Sache empfindet, so wirkt auch das am meisten, was nur Eine Sache zugleich ihm darstellt; und wie in einer Reihe auf einander folgender Empfindungen jede einen, durch alle vorige gewirkten, und aus alle folgende wirkenden Grad hat, das, in welchem die einzelnen Bestaudtheile in einem ähnlichen Verhältnisse stehen. Dies alles aber ist der Fall der Musik. Ferner ist I-cnpLlg