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Aeßer die Sittenverbesserung durch An stalten des Staates. ) ^as letzte Mittel, dessen sich die Staaten zu bedienen pflegen, um eine ihrem Endzwecke, der Beförderung der Sicherheit, angemessene Umformung der Sitten zu bewirken, sind einzelne Gesetze und Verordnungen. Da aber dies ein Weg ist, auf welchem Sittlichkeit und Tugend nicht unmittel bar befördert werden kann; so müssen sich einzelne Einrichtungen dieser Art natürlich darauf beschränken, einzelne Handlungen der Bürger zu ver bieten oder zu bestimmen, die theils an sich, jedoch ohne fremde Rechte zu kränken, unsittlich sind, theils leicht zur Unsittlichkeit führen. Dahin gehören vorzüglich alle den Luxus einschränkende Gesetze. Denn nichts ist unstreitig eine so reiche und gewöhnliche Quelle unsittlicher, selbst gesetzwidriger Handlungen, als das zu große Uebergewicht der Sinn lichkeit in der Seele, oder das Mißverhältniß der Neigungen und Be gierden überhaupt gegen die Kräfte der Befriedigung, welche die äußere Lage darbietet. Wenn Enthaltsamkeit und Mäßigung die Menschen mit den ihnen angewiesenen Kreisen zufrieden macht; so suchen sie minder, die selben auf eine die Rechte Anderer beleidigende oder wenigstens ihre eigene Zufriedenheit und Glückseligkeit störende Weise zu verlassen. Es scheint daher dem wahren Endzwecke des Staates angemessen, die Sinnlichkeit — aus welcher eigentlich alle Kollisionen unter den Menschen entspringen, da das, worin geistige Gefühle überwiegend sind, immer und überall harmo nisch mit einander bestehen kann — in den gehörigen Schranken zu halten; und, weil dies freilich das leichteste Mittel hierzu scheint, so viel als mög lich zu unterdrücken. Bleibe ich indeß den bisher behaupteten Grundsätzen getreu, immer erst an dem wahren Interesse des Menschen die Mittel zu prüfen, deren der Staat sich bedienen darf; so wird es nothwendig sein, vorher den Ein fluß der Sinnlichkeit auf das Leben, die Bildung, die Thätigkeit und die Glückseligkeit des Menschen, soviel es zu dem gegenwärtigen Endzwecke dient, zu untersuchen; — eine Untersuchung, welche, indem sie den thätigen und genießenden Menschen überhaupt in seinem Innern zu schildern ver sucht, zugleich anschaulicher darstellen wird, wie schädlich oder wohlthätig ') Berlinische Monatsschrift, 1792. Stück 11, S. 419—444.