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XXXII Entwurfes, vielmehr in dem Grundgedanken, der das Ganze trägt, und welcher die Summe ist nicht nur von Humboldt'» politischer An schauung, sondern von jeder Staatsweisheit überhaupt. Ein Hauptzweck der ständischen Verfassung ist die Vereinfachung des Regierens l§. 10). Diese kann nur erreicht werden dadurch, „daß die allgemeine Ständcvcrsammlung auf sich immer von unten an verengenden Stufen anderer ähnlicher Institute aufsteigen, und daß ihr belebendes Prinzip nicht Lust zum Mitregieren des Ganzen, sondern echter, auf Entbehr- lichmachung vielen Regierens durch zweckmäßiges Ordnen der einzelnen Verhältnisse gerichteter Gemeinsinu sein muß." Dies ist ihm die einzig wahre Grundlage des inneren Wohles jedes Staates. Es liegt auf der Hand, wie unumwunden hierin diejenigen Grund sätze des staatlichen Lebens ausgesprochen sind, nach deren Realisirung wir noch heute streben. Die Idee des selkAvvornment spricht er aufs Deutlichste aus in tz. 14; zu gleicher Zeit berührt er damit Gedanken, welche erst in der neuesten Zeit in dem Vereinswesen angefangen haben sich Bahn zu brechen. Daß mit der Einführung einer solchen Verfassung die Entäußerung eines Theils der königlichen Rechte nothwendiger Weise verbunden sein muß, ist ihm sehr wohl klar stz. 15). Dies bringt ihn dazu, die Gründe darzu legen, durch welche eine solche Veränderung der Regierung gefordert wer den darf. Als stichhaltig findet er nur den Einen, daß er überzeugt ist, eine ständische Verfassung werde dahin führen, dem Staat in der erhöhten sittlichen Kraft der Nation und in ihrem belebten und zweckmäßig geleite ten Antheil an ihren Angelegenheiten, eine größere Stütze und dadurch eine sicherere Bürgschaft seiner Erhaltung nach Außen und seiner inneren fortschreitenden Entwickelung zu verschaffen. Man sieht, der erfahrene Diplomat, der erprobte Staatsmann ist noch denselben Idealen unterthan, wie der 25jährige Jüngling es gewesen mar. Es ist bekannt, daß diese Intentionen Humboldt'S ihren Zweck nicht erreichten. Der innere Zustand Preußens wurde immer bedenklicher, schon hatte man mit den Verfolgungen der Patrioten begonnen; die Schmalz und Kamptz erfreuten sich der allerhöchsten Gunst; endlich folgen am 20. September 1819 jene berüchtigten Karlsbader Be schlüsse. Selbst Männer, welche in den Jahren der Freiheitskriege un erschrocken die Rechte der Völker verfochten hatten, gaben sich dem herr schenden Geiste der Regierungen gefangen. „Humboldt, — so erzählt Schlesier Seite 390 fg. „nach authentischen Quellen" — Humboldt war schon länger gereizt durch die Wendung, die man unerfüllten Ver heißungen einer Verfassung und allgemeiner Reichsständc geben wollte, gereizt durch die ganze Politik des Staatskanziers, der, statt wie früher sich auf Talent und öffentliche Meinung zu stützen, nur Hülfe von Außen, von Oesterreich und Rußland, erwartete. Die Karlsbader Beschlüsse aber empörten ihn; er erklärte sie für „schändlich, unnational, ein den kendes Volk aufregend," und scheute sich nicht, diese Opposition ins Ministerium selbst zu tragen. Hatte er bis dahin angetrieben, wo er konnte, so stand es ihm wohl au, sich unverholen von der Richtung Hardenbergs loszusagen, in dem Augenblick, wo sic die Bahn des Fort schritts entschieden zu verlassen schien."