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XXI des Staates mußte man auf die alte ehrwürdige Tradition zurückgehen, daß Preußen der Sitz acht menschlicher Bildung, selbständiger Forschung, religiöser Freiheit sein solle. Von unten auf und von innen heraus mußte der Neubau beginnen. Zn diesem Sinne hatte Stein seine segensreiche Wirksamkeit begonnen, als er sein Amt verlassen mußte. Aber er hatte trotzdem lange genug gewirkt, um dem großen Gedanken des 8sItzc>V6ru6M6nt8 Anerkennung und Geltung zu verschaffen. „Die Beseitigung aller noch stehen gebliebenen Reste des Mittelalters, die Annäherung der bisher getrennten Stände, die Einführung allgemeiner Wehrpflicht, die Vollendung des Systems der Selbstregierung durch Einführung einer allgemeinen Natioualrepräsentation, die Sorge endlich für die Erziehung, namentlich des Heranwachsenden Ge schlechts, — das waren die Aufgaben, die er scheidend seinen Freunden aus Herz gelegt hatte." — In Steins Sinne führte Humboldt die ihm gestellte Aufgabe fort, wie er denn schon längst sich in ähnlicher Weise ausgesprochen und sich ein verwandtes Staatsideal formirt hatte. Die Selbständigkeit des Individuums, so frei wie möglich von der Bevormundung des Staates, die Selbstthätigkeit des freien Bürgers, fern von der büreaukrati- schen Maschine des alt-preußischen absolutistischen Beamtenthums, das war die große Idee, die er nicht nur in seinen Schriften, sowohl denen der be geisterten Jugend, als auch des gereisten Mannesalters wiederholt und aufs ausdrücklichste ausgesprochen hat, sondern die ihm auch bei seiner staatsmännischen Wirksamkeit als höchstes Ziel vor Augen stand. Speziell fiel es ihm zu, das gesammte Nnterrichtswesen des Staates umzuwandeln, und er hat diese schwere Aufgabe in der um fassendsten und zweckmäßigsten Weise gelöst. „Bei allem Tadel, welchen mit Recht die Freunde Steins gegen dessen Nachfolger richteten, ward dem von Humboldt verwalteten Departement mit Recht das Lob gezollt, daß in ihm allein der Stein'sche Geist lebendig und die Stein'schen Intentionen mächtig seien." Das Elementarunterrichtswesen reformirte er nach den Grund sätzen Pestalozzi's, denen er so eifrig zugethan war, daß er selbst seinen Sohn einer Pestalozzi'schen Erziehungsanstalt anvertraute. Im Gym nasialunterricht ließ er erkennen, daß er nicht umsonst sein ganzes Leben in der Schulen der Hellenen geweilt habe, daß er Wolfs Schüler und Freund sei; vor Allem räumte er dem Griechischen eine angemessene Stellung, ein, und machte den Unterricht im Lateinischen nicht nur für Gymnasien und spezielle Gelehrtenschuleu, sondern auch für höhere Lehr anstalten anderer Art obligatorisch. Humboldt ist die Veranlassung, daß die preußischen Gymnasien denjenigen hohen Rang Annahmen, den sie noch heute behaupten, wenn auch ihre Reform nicht bis heutigen Tags im Sinne Humbolüt's weiter geführt worden ist. — Doch kein edleres Denkmal seiner Wirksamkeit hat er uns hinterlassen, als die Berliner Uni versität, deren Gründung lediglich ihm verdankt wird. Es giebt in der That kein glänzenderes Zeugniß für den gesunden Kern, der auch damals noch immer im preußischen Volke lebte, und keinen deutlicheren Beweis für den Idealismus, der vor Allem Humboldt beseelte, als die kostspielige Gründung einer Hochschule zu einer Zeit, da alle Hülfsquellen des armen Landes erschöpft schienen und die Finanzen des Staates auf