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XX er Rom, — zunächst nur auf Urlaub, weßhalb auch seine Familie vor läufig dort zurückblieb; — aber ohne je wieder dorthin zurückzukehren; denn schon auf seiner Rückreise, während er in Erfurt verweilte, traf ihn die Berufung zum Direktor der Sektion für den Kultus und öffent lichen Unterricht, im Ministerium des Innern. Es war nicht Trieb zur praktischen Thätigkeit, sondern Pflichtgefühl, was ihn bewog, diesem Rufe zu gehorchen. Es folgt nun eine der wichtigsten und großartigsten Epochen im Leben dieses großen Mannes: sein Antheil an der politischen und sozialen Regeneration des preußischen Staates, die Reform des Unterrichtswesens, das von nun an in seiner Hand lag, die große Anregung, die er in seiner Stellung auf das ganze geistige Leben seines Vaterlandes ausübte, endlich die Gründung der Berliner Universität. Selten ist wohl eine Wahl glücklicher getroffen worden, als die Hnmboldt's zum Chef des Kultus im preußischen Staate; und wahr lich nicht nur deßhalb strahlt seine Wirksamkeit jener Jahre in so Hellem Lichte, weil alle seine Nachfolger bis auf diesen Tag nur in dem Sinne gewirkt haben, als wollten sie zu Humboldt's segensreicher, weitblickender Thätigkeit die Folie bilden. Humboldt vielmehr war der geborene Kultusminister nicht nur wegen seiner umfassenden wissenschaftlichen Bil dung, die ihn den ersten Gelehrten seiner Zeit an die Seite stellte, und die, verbunden mit seiner ausgedehnten Menschen- und Personenkenntniß, ihm in allen Fällen die richtige Wahl der Persönlichkeiten sicherte; nicht nur, weil er dem geschäftlichen Theile seiner Stellung mit seltener Ruhe und Würde, mit nie ermattender Treue vorzustehen verstand, — denn dieses hätten auch noch manche Andere zu leisten vermocht — sondern vor Allem wegen seines Idealismus. Eine Gesinnung, wie die seinige, war damals erforderlich zur Regeneration des darnieder liegende» Vaterlandes, und von diesem Punkte aus ist ein unschätzbarer Segen in die Adern des preußischen Staates geflossen, der trotz Allem, was seit dem auf diesem Gebiete geschehen ist, nie wieder völlig hat verloren gehen können. In dieser Geistesrichtung trafen sich Humboldt und Stein, dem hier die erste Stelle gebührt, und an dessen Namen sich unsere nnaus- löschbare Dankbarkeit heften muß. Ein ungeheures Glück, daß zwei solche Männer, die aus vielen Tausenden allein im Stande waren, Hülfe zu leisten, denn auch zusammen die Stelle fanden, von der aus diese Hülle allein möglich war! Und währte ihr Wirken auch nicht lange, so genügte ihnen doch auch die kurze Zeit, um die Grundlinien festzustellen und den Geist Anderen einzuflößeu, in dem nachher weiter geschaffen werden sollte. Zweierlei hatte Preußen seit dem Tage Friedrichs II. als seine be sondere Mission betrachtet: sich durch Aufstellung einer achtuugsgebietenden Kriegsmacht unter den deutschen und europäischen Staaten eine einfluß reiche Stellung zu behaupten, und im Innern religiöse Toleranz und geistige Freiheit zu pflegen. Jede dieser beiden Aufgaben war unter dem schwachen Nachfolger des großen Königs preisgegeben worden, daher der völlige Zusammensturz des Staates iw Jahre 1806. So lag also für Stein und seine Genossen auch die doppelte Aufgabe vor. Preußens Neu geburt materiell und geistig zu bewirken. Aber mit dieser mußte an gefangen werden. Grade jetzt in dem vollständigen, materiellen Bankbruch