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60 §. 35. Immer aber bleibt in den Bestimmungen der Grenze zwischen dem jenigen, was bloßer Befehl der Regierung ist, in dem sie, um gehörig verwalten zu können, unabhängig sein muß, und dem eigentlichen, die Zu stimmung der Stände erfordernden Gesetze etwas Schwieriges, vorzüglich in der Anwendung auf einzelne Fälle, das sich durch eine allgemeine Definition kaum wird heben lassen. So z. B. war es ehemals Katholiken verboten, sich unmittelbar mit Gesuchen nach Rom zu wenden. Hätte dieser Fall ständische Zustimmung erfordert? Auf der einen Seite fließt aus dem unleugbaren Rechte der Regierung, die Verhältnisse ihrer Unter- thanen zu fremden Autoritäten zu beaufsichtigen, die Befugniß die Form dieser Aufsicht festzustellen. Auf der andern ist es ein, die Gewissensrechte wesentlich verändernder Umstand, wenn jedes solches Gesuch erst der welt lichen, nicht katholischen Behörde vorgelegt werden soll. Demnach scheint hier das Recht der Regierung, allein zu entscheiden, stärker. 8- 36. Da die Vorschläge bei der ständischen Berathung von der Regierung kommen müssen, so fällt die Unterlassung der Vorlegung eines Gesetz- Entwurfs von selbst in die Kategorie der Beschwerden der Stände, und die einseitig entschiedene Angelegenheit kommt daher auf diese Weise doch zur Berathung in der Versammlung, und zur Verantwortung der Regierung. Steuer-Bewilligung, tz. 37. In Absicht der Steuern dürfte die Methode, daß dieselben von einer Epoche zur andern immer neu bewilligt werden müssen, nicht einzuführen sein. Es macht die Regierung zu abhängig, kann gefährliche Stockungen Hervorbringen, und giebt den Ständen ein Mittel in die Hand, die Re gierung unter dem Vorwände der Finanzen, allein in der That aus ganz andern Gründen, aufzuhalten und zu necken. Diese Taktik aber, und die Art des Krieges, in welchem, statt offen und ernstlich gemeinschaftlich des Landes Wohlfahrt zu berathen, Regierung und Stände sich wechselseitig etwas abzugewinnen suchen, muß man möglichst verhüten. 8- 38. Es scheint vollkommen genug, wenn 1) jede Maßregel, welche den jedesmaligen Zustand der Steuern, oder des Aktiv- oder Passiv-Vermögens des Staats (wie Veräußerungen und Darlehen) verändert, den Ständen zur Abgebung ihrer ent scheidenden Stimme vorgelegt wird; 2) bei der ersten Zusammenberufung, die Regierung die Einnahmen und Ausgaben des Staats, und den Zustand seiner Schulden den Ständen bekannt macht, damit sie, sowohl hierüber, als über die Natur und Vertheilung der Abgaben ihre Bemerkungen machen, und die Regierung hierauf ihre Erklärung abgeben, oder Vorschläge zu Ver änderungen darauf gründen kann; 3) dasselbe bei jeder neuen Zusammenkunft der Stände wiederholt wird, damit dieselben sich überzeugen, daß die Staatshaushaltung nach den von ihnen genehmigten oder doch gehörig vor ihnen gerechtfertigten Grundsätzen fortgeführt worden sei.