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54 Die Wiederkehr der Sonne. hohen Norden, wo die Nacht im astronomischen Sinne 2 bis 3 Monate dauert, findet doch auch Dämmerung statt. Von dem Augenblick, wo die Sonne zuerst vollständig unter den Horizont gesunken ist, bis dahin, wo sie so tief unter demselben steht, daß ihre Strahlen nicht mehr den Hori zont erreichen, macht sie alle 24 Stunden eine Dämmerungszeit welche zwar immer kürzer wird, jedoch ganz deutlich erkennen läßt, wann die Sonne dem Horizont am nächsten steht, so daß man auch, ohne sie zu sehen, den Mittagspnnkt annäherungsweise bezeichnen kann. In dieser Zeit erleuchtet nicht nur ihre Gegenwart den Horizont, unter welchem sie sich befindet, sondern sie erleuchtet auch den gegenüberliegenden Himmels raum mit einer ganz wunderbaren, eigenthümlichen Röthe, ähnlich der unseres Abendroths, und so wird die Winternacht immer mehr und mehr verkürzt, dergestalt, daß selbst dann, wo die astronomische Nacht 3 Monate dauert, die eigentliche Finsterniß nur 1 Monat währt und auch diese Nacht durch Mondschein und Nordlicht verkürzt wird. Wenn nun aber das Frühjahr naht, wenn ein Monat oder ein und ein halber Monat verflossen sind nach dem Zeitpunkt, welcher für den Nor den der Erde den niedrigsten Stand der Sonne bedingt, also das Tages gestirn, bereits seit so langer Zeit im Heraufgehen begriffen, sich dem Aequator nähert, so sieht man selbst unter dem 80tcn Grad der Breite das Nahen der Sonne sehr unzweifelhaft. Schon mehrere Wochen vor ihrem Erscheinen kündigt sie sich dadurch an, daß sich der Polgegend ent gegengesetzt für kurze Zeit ein Heller Schimmer am Horizont zeigt; der selbe wird immer lebhafter und nimmt mit jeden 24 Stunden sowohl an Dauer als an Helligkeit zu, endlich währt die Dämmerung Wohl k2 Stun den und sie zeigt sich nicht mehr blos im Süden, sondern sie beginnt im Osten, rückt, immer stärker werdend, nach Süden, wo sie nach Verfluß von 5 bis 6 Stunden am lebhaftesten ist, und weicht dann gen Westen fort, immer mehr verschwindend, bis nach zwölfstündiger Dauer die eigent liche Nacht wieder beginnt. Endlich aber zeigt die Sonne sich selbst. Bewohnt man ein Thal, so sind ihre ersten Zeichen das Beleuchten der Bergspitzen und zwar in einem rosigen Lichte, welches um so stärker ist, je mehr die Luft mit Feuchtigkeit beladen erscheint, vorausgesetzt, daß diese Feuchtigkeit nicht niedergeschlagen sei, nicht Wolken bilde, welche ihren Schatten auf die Bergspitzen werfen. Wer nunmehr am nächsten Tage oder besser gesagt nach 24 Stunden den so beschienenen Berg besteigt, der kann die Sonne für einige Minuten über dem Horizont erblicken, eine Freude, um derenwillen Diejenigen, welche sie drei Monate lang nicht gesehen haben, sich die Mühe gern machen. Endlich scheint die Sonne aber auch für das flache Land, während der