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656 Der Krater des Orizaba. schlängelten sich auch auf bedeutendere Entfernungen hin. An vielen Stellen sahen wir nahezu trichterförmige Vertiefungen, als hätten sich die Schneemassen in große unterirdische Höhlungen versenkt. Der Rand einer dieser Vertiefungen am Fuße des Kegels bildete eine steile Eismauer von mehr als 20 Fuß Höhe, gegen Osten hin aber verlief dieselbe mit der Abdachung des Berges in die allgemeine Schnecmasse. „Solche mächtige Störungen, solche Unterbrechungen der gerade fort laufenden Schnee- und Eismassen kommen auf dem Popoeatcpctl keines wegs vor, was sich daraus erklären läßt, daß der Pic von Orizaba seit drei Jahrhunderten keinen Lavaansbrnch mehr gehabt hat. Der letzte fand im Jahre 1566 statt. Der Popoeatcpctl muß dagegen noch heute als ein sehr thätiger Vulkan betrachtet werden, er läßt durch seine Hitze eine bedeutende Anhäufung von Schnee nicht zu. „Ans dem beschriebenen Plateau verließen uns ermüdet eilf unserer Gefährten und nur zwei, der Franzose Doignon und der Mexikaner Evu- trcras, wagten es, die Ersteigung des Erdkegels mit mir zu nnternehmc». „Die Böschung des Kegels erreicht einen Winkel von 40 Grad und nur ans Händen und Füßen vermochten wir den glatten, eisigen Abhang hinanfznklcttcrn. Unser Fuß fand keine Stütze mehr, die Brust athmete peinlich in der sehr verdünnten Luft, der Körper schien mit doppeltem Ge wichte belastet zu sein, Hände und Gesicht waren aufgeschwollcn, Blut stoß ans Mund und Nase; beim Stillstehen verschwand die Ermattung, doch bei der geringsten Bewegung stellte sie sich wieder ein. Oft schien ei» hervorragender Gipfel uns das Endziel unserer Bemühungen, doch au demselben angclangt, thürmtcn neue Massen sich über uns empor. Vcr zagt sahen wir dann nach den lichten Höhen hinauf, betrachteten zu unser» Füßen die überwundenen Gefahren des bereits znrückgelcgten Weges und sprachen uns gegenseitig frischen Mnth ein. Glücklicherweise fanden wir in dieser Höhe nur selten und nur noch schmale Spalten, welche zu über schreiten uns nicht gar zu große Schwierigkeiten machte. „Eine halbe Stunde nach Mittag erreichten wir den wirklichen Gipfel und ein Hnrrah der zurückgebliebenen Gefährten feierte unsere Ankunft. „Der Krater des Orizaba ist etwas elliptisch, der größere Durch messer von Osten nach Westen beträgt 1600 bis 1700 Fuß, der ganze Umfang des ungeheuren Schlundes mißt demnach viel über 5500 Fuß. Der westliche Rand ist höher als der östliche, so daß die Mündung dem Meere zugewandt ist. Die Tiefe beträgt 400 bis 450 Fuß, der Grund ist eben und mit Schnee bedeckt und cs würde daselbst eine feierliche Stille herrschen, störte diese nicht der dumpfe Donner heruntcrstürzendcr Felsmassen.