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638 Die Mexikaner. deren erschütterndem Tritt zur selben Zeit auch Europa erbebte. Diese Leute, wahrscheinlich schon einige Kultur habend, gründeten die Stadt Tollan und ein Reich, welches über vierhundert Jahre bestand. Sie lehr ten überall die Leute, zu denen sie kamen, die Eingeborenen des Landes, den Bau der Feldfrüchte, ferner der Baumwolle, die Bearbeitung des Goldes und Silbers, sie hatten eine Bilderschrift, sie hatten ein Sonneu- jahr, welches genauer berechnet war, als das der Griechen und Römer, sie verstanden, sich sehr gut zu orieutiren, was die Pyramiden beweisen, welche sie hinterlassen haben, die aus das Genaueste nach den vier Welt gegenden gerichtet sind, und durch diese Künste und Kenntnisse gewannen sie ein solches Uebergewicht gegen ihre Nachbarn, daß selbst noch ihre Ueber- bleibsel (durch Hunger und Pest wurde das Volk zu neunzehn Zwanzigsteln aufgerieben) einen wohlthätigen und civilisirenden Einfluß auf die nach folgenden, ihr Land in Besitz nehmenden wilden Völkerschaften übten. Nunmehr aber erschienen sieben Stämme, deren Ursitz nordwärts vom Meerbusen von Californien lag, welche sich über die südlich gelegenen Länder ergossen und durch ihre rauhen und wilden Sitten die dort wohnenden Völker in großen Schrecken versetzten. Der letzte der einwanderuden Stämme war der der Aztekas, welcher, wie es scheint, um die Mitte des zwölften Jahrhunderts die Heimat verließ und gegen Ende desselben in das eigentliche Mexico gelangte. Sie scheinen überaus tapfer, aber auch eben so grausam gewesen zu sein; dieselben gründeten die Hauptstadt Teuochtitlan und wählten sich späterhin einen König. Es scheint nun, als habe eine zwei Jahrhunderte lang währende, sehr wilde Regierung geherrscht, wodurch sich das kriegerische Volk nach allen Seiten hin ausbreitete, aber auch Mord, Plünderung, Krieg, Verschwörung folgte und stete Unruhe erhielt, bis unter Montezuma I. das Reich so ab gerundet wurde, daß es kaum noch etwas zu besiegen gab. Uuter diesem Fürsten gestaltete sich eine entsetzliche Regierung, deren Gruudzüge vielleicht nicht so überaus grausam waren, welche sich jedoch zu dem allerentsetzlichsten Kultus gestalteten, den man je auf der Erde gesehen. Die Mexikaner nahmen als Hauptgottheit ein allgewaltiges, unsicht bares und deshalb auch nicht darstellbares Wesen an, das sie Teotl nann ten, d. h. Gott. Nun aber hatten sie auch ein böses, dem Menschen feind liches Wesen, Tlakatekololotl. Die Seelen waren unsterblich, auch die der Thiere. Die Seelen derer, die im Kriege umkamen, gelangten in das Hans der Sonne, eben so die Frauen, welche bei ihrer Niederkunst star ben, woselbst sie ein herrliches Leben führten und von wo aus sie auf die Erde zurückkehren konnten, indem sie je nach Belieben schön befiederte