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Die Koralleninseln. 607 kleine Festung; der Thierchen sind aber viele, auf einen Quadratzoll kom men Tausende, und, um eine Insel im stillen Meere zu bauen, sind viel leicht Quadrillionen und Quintillioncn beschäftigt und so zeigt auch das Kleine und Kleinste seine Thätigkeit, man zeigt nicht allein Spuren der selben, sondern führt Arbeiten auf, welchen der Mensch mit seinen Dampf- .und anderen Arbeitsmaschinen nicht gewachsen wäre. Ob nun diese Inseln ehemals über der Meercösläche sichtbare Berge waren, welche mit den Korallen langsam untergesunken sind, oder ob um gekehrt die kleine Koralle Sandbänke und Untiefen überbaut, ob diese sich dann durch die Thätigkeit des Erdinncrn erhoben oder ob sie sich durch Anschwemmung aus dem Meere erhöht, mit fruchtbarem Erdreich überzogen haben, dieses ist gleichgültig, sic sind da und sie wachsen nunmehr durch den nicht nachlassendcn Fleiß der Korallenthierchcn immer mehr in die Breite, bis sich ein großer, oft Meilen im Durchmesser haltender Ring bildet, der sich nun auch geschickt zeigt, Bewohner aufzunehmcn. Zuerst natürlich Bewohner ans dem Pflanzenreiche, denn wie sollten die Thiere leben, wenn sie in den Pflanzen nicht Nahrung fänden. Zuerst wird wohl das brandende Meer die äußersten Zacken der an sich schwachen Bauten abbrcchen und auf das Ufer werfen, es wird viel leicht Jahrhunderte, vielleicht Jahrtausende währen, bevor der Boden sich um einige Fuß erhoben hat, aber cs geschieht und in der Natur giebt es kein zu groß oder zu klein, kein langsam oder geschwinde. Tausend Jahre sind nur für uns viel, für die Erde und deren Ausbildung ist ein Jahr tausend bei weitem weniger, als für das Menschenleben eine Minute ist. Mit dem Seewasser, das den aufgeworfenen Kalk immer wieder von neuem überspült, kommen thierischc Stoffe hinein. Die Körper der Ko rallen selbst, der kleinen Thiere, von denen sie leben, der größeren, die von ihnen leben, Fische u. s. w., sie verwesen und geben dem kalkreichen Boden den Stickstoff, den eigentlichen Dünger für eine spätere Vegetation, nun rollen ein paar Cocosnüsse auf den Strand, Monate lang haben sie im Wasser gelegen, die steinige Rinde ist erweicht, der Keim wird, sobald sie auf das Trockene rollen, durch die Sonne geweckt, er sprengt seine steinerne Hülle und der erste Palmbanm ziert die Insel. Vögel, vom Sturm verschlagen, lassen sich vielleicht nieder, sie tragen die unverdau lichen Samenkörner mancher Pflanze hierher und während sie selbst aus Mangel an Nahrung sterben, sorgen sie doch dafür, daß neue Pflanzen für zukünftige Geschlechter von Thieren, die möglicherweise einmal hier landen können, anfsprossen. Dieser Hergang ist keine Hypothese, er ist nicht erdacht worden, um etwas Unerklärliches annäherungsweise faßlich, begreiflich zu machen —