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Das Tättowiren der Neuseeländer. 603 dasselbe zwar für einen Albino, doch ist es viel wahrscheinlicher, daß es ein Abkömmling von einem Weißen ist, vielleicht von einem blonden Eng länder, denn die Bastarde von brünetten und blonden Personen müssen durchaus nicht, wie die von Weißen und Negern, eine Mischungsfarbe haben, sondern können ganz und gar einem der beiden Eltern gleichen, ohne etwas von dem andern mit zu bekommen. Ein Albino hat überdies nicht blondes Haar, sondern weißes, seine Augen sind nicht blau, sondern roth, gleich denen weißer Kaninchen oder weißer Tauben. Der Ansdruck des Gesichtes verräth nichts von Wildheit, im Gegen teil erblickt man darin Ruhe, Gemessenheit und große Selbstbeherrschung. Gegen Physischen Schmerz zeigen sie sich ganz unempfindlich, was übrigens von den sämmtlichen Männern verlangt wird, da die gelindeste Schmerz äußerung für schimpflich, für weibisch gilt. Diese Selbstbeherrschung wird zuerst durch das Tättowiren ans die Probe gestellt. Dieses ist eine bei den mehrstcn Bewohnern der Südsee übliche Art, den Körper, wie sie mei nen, zu schmücken. Schon bei den Franzosen und Italienern findet man sehr häufig das Tättowiren der Arme mit bunten Farben, dies wird aber so zärtlich und so wenig schmerzhaft gemacht, daß keine übermäßige Uebcr- windung dazu gehört, die Operation ohne Schmerzcnslaut zu ertragen. Anders ist es auf dieser Insel, wo nicht einige Nähnadeln zusammen gebunden, in eine Farbe getaucht, und dann leicht in die Haut gestochen werden, sondern wo eine Säge ans Haisischzähncn und ein Meißel, aus einer Muschel gebildet, die Werkzeuge sind. Der Eingeborene, der unter die Männer ausgenommen werden will, legt sich auf den Rücken, sein Kopf ruht ans dem Schoße des Operateurs, dieser setzt den Meißel an irgend eine beliebige Stelle auf dem Gesicht und führt ein paar Schläge mit einem Stück Holz daraus, bis sich eine blutende Wunde zeigt. Nun wird der Meißel weiter gesetzt und abermals darauf geschlagen, so entstehen Zeichnungen, welche auf die mannichfachste Art und nicht selten recht geschmackvoll über das ganze Gesicht geführt werden, wie die Figur auf der folgenden Seite zeigt, aber nach und nach auch über den ganzen Körper. Sind die Zeichnungen mit dem Meißel fertig, so werden sie durch die Säge vervollständigt, d. h. in Zusammenhang gebracht, überall, wo zwi schen zwei Mcißelhieben noch ein Stückchen Haut stehen geblieben ist, wird dasselbe durch die Säge fortgerissen und die Wunde wird auf eine Linie vertieft. Bei dem Gesichte allein dauert diese Operation sechs Stunden lang. Sobald eine Zeichnung so weit fertig ist, daß sie dem Geschmack des Zeichners entspricht, so reibt er fcingepulverte Kohle in die Wunde, gefällt sie ihm dagegen nicht, so bessert er mit großer Ruhe so lange nach, bis 43*