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466 Tapferkeit und Anerkennung derselben bei Feinden. so plündert er dasselbe und enteilt nach einem andern Versteck. Wenn ihm nicht Zeit gelassen wird, den Erschlagenen zu plündern, so nimmt er wenigstens seine Hand als Siegeszeichen mit. So eilt er von Ver steck zu Versteck bis er die Zahl der Feinde, welche zu opfern er ver sprochen hat, erlegt und die Beweise seiner Missethat in den abgehauenen Händen vorlegen kann. Er kehrt nur nach Hause zurück, um sich mit neuen Lebensmitteln zu versehen und geht immer wieder auf seine abscheu liche Jagd, bis sein Gelübde erfüllt ist. Auch ohne dieses wird um den Kaukasus her ingrimmig gemordet und ist es ein Christ, der getödtet worden, so hat der Mörder sich damit eine Stufe zum Himmel erbaut. Die Völker des Kaukasus zeigen eine an das Wunderbare grenzende Tapferkeit und sie sind sogar gerecht gegen Fremde in dieser Hinsicht. Wenn sie wiederholt mit einer russischen Truppe Gefechte gehabt und ein paar Offiziere von besonders ausgezeichneter Tapferkeit kennen gelernt haben, so schenken sie diesen ihre Achtung und bezeigen dieselbe durch Begrüßung selbst mitten im wildesten Kampfe. Wird ein solcher Offizier gefangen, so ist er zwar sicher, nicht ausgewechselt zu werden, denn sie legen einen viel zu hohen Werth auf seinen Besitz, als daß sie gegen Geld ihn frei gäben, aber eben so sicher ist er auch vor jeder Mißhandlung, ja nur vor harter Behandlung, im Gegentheil fühlt jedes Haus sich durch seine Au Wesenheit geehrt und es fehlt ihm nichts als die Freiheit. Auch Dankbar keit ist diesen Leuten eigen und man erzählt sich manchen Zug von diesen Barbaren, der einem hochgebildeten Europäer zur Ehre gereichen würde; aber diese Züge ausgenommen, welche wir am Ende auch bei den edleren Thieren finden, die Achtung vor der Kraft und den Muth und die Dank barkeit, sind sie doch nichts weiter als nichtswürdige Räuber. Daß sie ihr Vaterland lieben, wollen wir ihnen nicht hoch anrechnen, weil es zu sehr in der Natur und Gewohnheit liegt, findet doch auch der Lappländer und der Eskimo seine Eis umstarrten Küsten reizender und wohnlicher als die schönsten Fluren Deutschlands, daß aber die Russen sich alle mögliche Mühe geben, diese Geißel der ganze Tausende von Quadratmeilen betragenden Umgegend unschädlich zu machen, müssen wir ihnen jedenfalls danken. Bewundernswürdig ist übrigens die ungewöhnliche Schönheit der Völkerstämme und es giebt Reisende, welche behaupten, wenn man den berühmten Cid oder einen Bahard darstellen wolle, so müsse man sein Model im Kaukasus suchen. Um so bedauerlicher erscheint die Verirrung der Natur, welche aus diesen edlen Gestalten nichts Besseres als Diebe, Straßenräuber und Meuchelmörder machen konnte. Der Anblick dieser Seite des Kaukasus ist in vieler Hinsicht höchst