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462 Eine Falkenjagd. weiter auf, als es die Besorgniß, dieselben zu benetzen, rechtfertigt, aber ihr Gesicht ist mit Leinwand zugehängt und nur vor den Augen befinden sich ein paar Oeffnnngen. Was soll man dazu sagen, als daß die Begriffe über Schicklichkeit und Sittlichkeit sehr verschieden sind. Die vornehme Engländerin entsetzt sich, wenn sie einen Mann sieht, dessen Kinn und Mnnd von Bart um geben ist, dagegen spricht dieselbe Engländerin ganz ungenirt in der größ ten Gesellschaft mit einem vornehmen Schotten, dem es beliebt, in seiner Nationaltracht in die Gesellschaft zu kommen. Die reiche junge Amerika nerin zieht den gedrechselten Füßen ihres Flügels Hosen an, weil sie kein bloßes Bein sehen will, sie findet es empörend, wenn man nur das Wort Bein ausspricht, das ist unanständig, man muß „Glied" sagen. Dieselbe Amerikanerin läßt sich aber von einem ihrer Neger im Bade seifen, ab reiben, trocknen, in das Bett tragen und findet alles dieses nicht unanstän dig. Warum wollen wir den Orientalen ihre Begriffe von Anständigkeit streitig machen? Von Schamaki beginnt eine wohlgebahnte Straße, welche durch das Land der schönen Frauen, durch Georgien nach Tiflis und von dort wei ter bis an die Grenze von Mingrelien, bis nach Kuta'is, der Hauptstadt von Jmiretien, führt. Hier wird noch die im Mittelalter so berühmte Jagd mit Falken getrieben. In Europa sind die schönen klugen Vögel so selten geworden, daß man sie kaum einmal dem Namen nach kennt, i» Persien aber findet man sie noch vielfältig und es sind Leute dort, welche Falken abrichten und dieselben dann an Jagdlicbhaber vermiethcn. Die Jagd wird immer zu Pferde gemacht und man ist von Hunden sowohl als von Falken und von den Führern derselben begleitet. Die Liebhaberei für die Thiere zeigt sich schon in den Steppen nörd lich vom Kaukasus und ein jeder schmückt seine Falken nach seinem Ge- schmack, natürlich kann sich dieser Schmuck nur auf die Kappe beziehen, welche das Thier trägt, so lange es auf der Faust sitzt, denn wenn es anfsteigen und jagen soll, so wird es von der Kappe und jeder Fessel befreit, aber diese das Thier blendende, die Augen bedeckende Kappe iß gerade der Gegenstand der größten Sorgfalt; natürlich roher ist das äußere Ansehn dort, wo nur Kalmücken und Tataren sich der Falken bedie nen, als am Kaukasus, hier aber, wo zu den Tataren von Dagestan sich der Lesghier des östlichen Abhanges, der Perser und der Armenier des Unterlandes und der große georgische Herr, der fürstliche Gebieter ge sellt, da kommt zu dem Nützlichen und Schönen auch das Reiche und Prachtvolle. Man sagt, es gebe nichts Interessanteres, als eine Falkenjagd. N