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454 Die Naphtaquellen. Ein brennendes Meer. Boden empor und diejenige Stelle, welche den Altar vorstellt, ist ganz in mächtige Flammen gehüllt. Wenn man von Baku aus das kaspische Meer befährt, so sieht man an manchen Stellen die Wasserfläche aufkochen, hier ist es, wo sich die Naphta, das durchsichtige wasserhelle Bergöl, über die Fläche des Meeres erhebt. Wirft man auf solch eine Stelle einen angezündeten Strohwisch, so brennt wie es scheint das Meer selbst. Dieser Stellen sind viele und es kann sich treffen, daß der Kahn, welcher die Experimentirenden führt, sich bald rings von Flammen umgeben findet; in solchem Falle ist es nicht ohne Gefahr, in der Nähe zu bleiben, denn das Feuer erlischt nicht, bevor nicht ein heftiger Sturmwind es unterdrückt und es kann Wohl sein, daß ein solcher sich Wochen, ja Monate lang erwarten läßt. Nächst dem feenhaften Anblick, den ein brennendes Meer liefert, nebst den Wundern eines Gueberntempels ist auch wohl noch bemerkenswerth eines der schönsten persischen Bauwerke, dessen Pforten so wunderbar ver ziert sind, dessen Gemäuer so cigenthümlich durchbrochen ist, daß man glau ben möchte, dasselbe bestehe aus brüsseler Spitzen; dieses Gebäude ist eine Seite aus Tausend und eine Nacht. An der äußersten Spitze des Kap Apscheron liegt eine Insel, welche heilig genannt wird, weil sie, wie Baku, Naphtaquellen enthält. Dort und an anderen Orten rings um die Stadt hat man Oeffnungen gebohrt, deren Tiefe von fünfzig bis sechzig Fuß wechselt; sie alle liefern Naphtha, die mehrsten die braune unreine Art, welche jedoch vollkommen gereinigt werden kann; einige wenige liefern wasserhelles Bergöl. Man hütet sich wohl, bei Licht zu arbeiten oder überhaupt mit Flammen diesen Brunnen nahe zu kommen, denn sie würden, einmal entzündet, nicht zu löschen sein- Eine dieser Quellen, von ungeheurer Größe, wurde durch eine Unvorsich tigkeit am Anfänge dieses Jahrhunderts angezündet, sie brennt noch gegen wärtig; mehrere andere sind durch Zufälligkeiten, welche man nicht kennt, in Brand gerathen, daher werden die Tonnen, in denen man die Naphta versendet, nur bei Tage gefüllt. Dieses Oel bildet einen sehr bedeutenden Handelsartikel; merkwürdig ist, daß selbst die Tataren sich seiner bedienen, um die Axen ihrer Karren zu schmieren. Sonstmals waren diese Leute stolz auf den unerträglichen Spektakel, den die Räder dieser Karren mach ten, sie sagten, man hört uns von weitem, wir sind anständige Leute, wir brauchen nicht Stille und wir wollen nicht schleichen wie die Räuber auf unser» Wegen; jetzt haben sie sich doch in diesen Fortschritt gefügt, da sic aber das Schmierfett verabscheuen, so bedienen sie sich dieses Bergöls. Wendet man sich nunmehr westwärts, um auf dem südlichen Abhange des Kaukasus weiter zu gehen, so gelangt man nach etwa zwanzig deutschen