Malerische Länder- und Völkerkunde Der Erdball und seine Naturwunder
Titel
Malerische Länder- und Völkerkunde
Untertitel
eine Naturbeschreibung aller Länder der Erde und Schilderung ihrer Bewohner; unter besonderer Berücksichtigung der neuesten Entdeckungsreisen von Ross, Parry, Kane, Franklin, Mac Clintock, Humboldt, Schlagintweit, Barth, Livingstone, Vogel, Heine, Möllhausen, Stuart etc.; gebildeten Freunden der Erdkunde gewidmet; mit 120 in den Text eingedruckten Abbildungen
444 Ein vulkanischer Sandberg. Dagestan. nach Unter-KM, hatten aber unterwegs noch eine große Merkwürdigkeit vor uns. Auf einer großen, vollständig ebenen Fläche, auf der man ganz vergeblich nach einem Körnchen Sand suchen würde, erhebt sich ein Berg von beinahe 2000 Fuß Höhe, ganz und gar von dem reinsten Sande von goldgelber Farbe aufgeschüttet. Dieser Sand ist fein und beweglich, der Wind weht ihn fort und das begründet daher immerfort seine Gestalt; sonderbarer Weise wird aber der Sand nicht über die Ebene verbreitet und der Berg wird auch nicht niedriger, man glaubt daher, daß er vnl- kauischer Natur sei und daß er immer von neuem aufgeschüttet werde von innen heraus; in der That befanden wir uns in einer Gegend, in welcher man bei jedem Schritte die Zeichen eines unterirdischen Feuers wahr nimmt. „Unter-Kale ist auf einem schräg abgedachten Berge erbaut, wir ruh' ten an einem Bache aus, welcher an seinem Fuße vorüberfließt, unterdessen suchte man Pferde für unser Fortkommen in der Stadt, tatarische Frauen mit verhüllten Gesichtern kamen an den Bach, um Wasser zu schöpfen und dasselbe in schön geformten antiken Krügen auf dem Kopfe oder auf den Schultern fort zu tragen. Wir erhielten die Pferde zur Weiterreise nicht ohne Mühe. Unser Weg führte durch enge Schluchten und durch das Bette von Wildwassern, erst in finsterer Nacht gelangten wir nach unserer Station, einem einsamen Soldatcnposten und der Wohnung von allen erdenklichen Insekten der Schöpfung. Am folgenden Tage kamen wir an der Behausung und dem Aoul des Chamkal Tarkowski vorbei; dasselbe war auf dem Gipfel eines kühnen, gigantischen Felsens erbaut und machte einen höchst malerischen Eindruck mit dem Dorfe, das zu seinen Füßen lag- „Wir befanden uns jetzt in dem Dagestan und gelangten nach Tenne khan Chura, dem Generalqnartier des russischen Heeres in dieser Provinz. Chura ist eine russische, vollkommen moderne Stadt, welche nichts Sonder bares hat, als ihre Lage in der Mitte der Gebirge. Seit zwei Tagen ist hier Schnee gefallen und er liegt beinahe drei Fuß hoch. Von dem Orte weiter abwärts reisend, glitten Pferde und Wagen ans den Abhängen der Berge immerfort aus. Drei Stunde», nachdem wir den Gebirgsort ver lassen hatten, fanden wir den Sommer wieder mit seinen Blumen und Früchten und eine erstickende Hitze. Wir kamen durch die Station Kcb und sahen die ganze Bevölkerung in der heftigsten Aufregung, die Tato ren der benachbarten Gebirge waren während der Nacht herabgekoininc» und hatten die Heerden entführt; die Tataren von Keli und die russische Soldaten befanden sich jetzt auf der Verfolgung der Räuber, man ha"b schon Schießen gehört, hatte aber noch keine Nachricht. Da das Gefräst gerade auf unserm Wege Vorfällen mußte, so reisten wir mit größter b