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442 Posten des Schamyl. Andrew Aul. Tataren gefallen sind, zurückzukaufen, vorausgesetzt, daß man ihnen noch nicht den Kopf abgeschnitten hat, was allerdings das Gewöhnliche ist. „Die Offiziere gaben uns einen Ball und ließen dabei durch Soldaten des Regiments den Tanz aufführen, welchen man den Lesghischen nennt, viel eher ein militairischer Marsch, als ein Tanz. Ein junges Mädchen aus einer kleinen Stadt des Kaukasus tanzte mit einem Soldaten, aber auch dieses war viel mehr traurig anzusehen, als erheiternd; dies ist übri gens der Charakter beinahe aller Tänze der Orientalen, welche niemals die Füße bewegen, sondern stillstehend nur mit den Armen nmherfechten. „Am nächsten Morgen setzten wir unsere Reise fort, von hundert Ko sacken eskortirt, noch fünfzig mehr sollten wir von Andrew Aonl mitneh- men, denn wir gingen nahe an Schamyl vorbei, zu unserer Rechten konnten wir da und dort auf den Höhen die ausgestellten Posten dieses fürchter lichen Feindes der Russen sehen" (Schamyl ist im September des Jahres 1859 von den Russen gefangen worden, die Reise wurde ein Jahr früher gemacht). „Angelangt in Andrew Aonl, einer tatarischen Ortschaft, welche den Russen unterworfen ist, wurden wir durch Ali Sultan empfangen und nahmen bei ihm ein Frühstück ein; dies ist der erste rein tatarische Ort, welchen wir bis jetzt gesehen hatten. Derselbe ist befestigt und paltisa- dirt, hat auch Wall und Graben, um einer russischen Poststation in dieser Gegend zu gleichen, fehlen ihm nur Kanonen, jedes Haus ist nicht nur mit Schießscharten versehen, sondern die flachen Dächer sind von Mauern ein gefaßt, welche crenelirt sind, also gestatten, daß man ziemlich ungefährdet von oben herab auf die Straße schieße, was die Vertheidigung der Stadt sehr erleichtert. Das Haus des Fürsten selbst bietet einen erschreckenden Anblick dar, es ist umgeben von starken Mauern und hat bedeutende Thürme, welche diese Mauern bestreichen. Die Thürme dienen zugleich zn Beobachtungspunkten und zur Vertheidigung, der Hof ist stets voll I von festgesattelten Pferden, denn man muß immerfort auf seiner Hut sein, um bei dem ersten Zeichen von Gefahr aufsitzcn zu können, die Angriffe sind häufig und kommen plötzlich wie der Blitz, daher auf den Thürme» Tag und Nacht Wachen stehen. „Nachdem wir unsere Pferde verlassen und unsere Waffen abgelegt hatten (was im Kaukasus ein Zeichen ungewöhnlicher Höflichkeit und gro ßen Vertrauens in seinen Wirth ist), traten wir in einen Saal ein, welcher mit goldenen Arabesken auf Grund von Azur und Karmin, prächtigen und überaus kräftigen blauen und rothen Farben geziert war. Den Fen stern gegenüber befanden sich sechs Nischen und in diesen standen mit Seide bedeckte Betten, welche zur Ausschmückung des Saales dienten; am