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Heilige oder Tempelnmsik. 419 denen Ceremonien, er wohnte dem Fest der Frühlingsfeier bei. Schon vor Sonnenaufgang wurde mit den kalmückischen Instrumenten ein entsetz licher Lärm gemacht und dem Volk verkündigt, daß die religiösen Cere monien ihren Anfang nähmen, die Priester sammelten sich auf dem Platze zwischen ihren Zelten und dem Tempel und zogen in einer Procession nach diesem letzteren, der Zug wurde eröffnet durch zwei starke Leute, welche mit entblößten Häuptern allen anderen voranschritten und auf ihren Schul tern die Schallöffnungen der ungeheuer weiten, viel über klafterlangen Trom peten oder Posaunen trugen, welche von Messing und stark versilbert waren und diesen letzteren Schmuck ausgenommen mochten die Posaunen wohl füglich ein Nachbild der alten römischen Tuba genannt werden, denn sie hatten ganz die Form derselben und bestanden aus einem einzigen langen Rohre, welches sich von dem Mundstücke an bis zu dem gewaltig breiten Schallstück langsam erweiterte. Die Posaunenbläser selbst in rothen Ge wändern folgten den Trägern in einer solchen Entfernung, daß sie gerade das Mundstück der Trompete in der Hand hielten und von Zeit zu Zeit Hineinblasen konnten; sie geben gewaltige erschütternde Töne von sich, welche in einem außerordentlich weiten Umkreise gehört werden können, da die endlose Steppe nirgend einen Widerstand für die angemessene Verbreitung des Tones bietet. Das Blasen muß übrigens eine große Anstrengung verursachen, denn obwohl sic nur langgehaltene einzelne Töne hervorbrach ten, so ward das Gesicht der Bläser doch bei jedem Tone dunkler. Aber es waren nicht allein diese einzelnen Tubarnfe, welche die Musik bildeten, sondern noch verschiedene andere Instrumente vereinigten sich zu einem wundervollen Concert, so war bei diesen heiligen Musikanten ein Trupp Schalmeienbläser, jedes Mitglied desselben trug ein Instrument von Holz mit sechs Löchern in der Hand, es war jedoch keine Rede davon, daß die selbe Stimmung gehabt hätten, was auch nicht sein konnte, da sie weder gleiche Stärke noch gleiche Länge hatte», dennoch spielte einer dieser Leute den Musikdirektor und alle übrigen hatten ihre Augen ans ihn gerichtet, welcher immer den Ton angab, der geblasen werden sollte, d. h. besser ausgedrückt, den Finger angab, welcher gehoben oder auf ein Loch der Pfeife gesetzt werden sollte, so wie dieses geschah, so hoben alle ihn Um gebenden denselben Finger und so entstand ein Accord, welcher an Reinheit ungefähr dem ähnlich sein mochte, den vier oder sechs gleichzeitig heulende Katzen Hervorbringen, nur waren die Töne begreiflich viel stärker. Zu diesen zwei musikalischen Instrumenten gesellten sich Pauken und Becken, gleichfalls beide in vielen Exemplaren, die Pauken waren metallene chlindrische Reifen, auf beiden Seiten mit nassen Fellen überzogen, welche bann nach dem Trocknen tönten, je nach der Spannung, welche ihnen